Full text: Germanische Götter und Helden in christlicher Zeit

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Rolandssäule, Irmensul 
Volkes (in medio pravae est pervorsae nationis) gelegen seien (vgl. 
Nordhoff, Die ersten Bekehrungsversuche in Westfalen, Historisches 
Jahrbuch der Görresgesellschaft, 18900, 5. 290ff.). Ältere, freilich 
nicht gleichzeitige Chronisten berichten, im Jahre Maeq seien die 
Oldenburger, also auch Niedersachsen, dem Kult eines im Bilde dar— 
gestellten Götzen verfallen (nach Nordhoff a. a. O.). 
Die 1492 in Mainz gedruckte Cronecken der Sassen bringt eben⸗ 
falls den Bericht von der zu Corvey wieder aufgefundenen Säule, 
„die gewest der Sachsen Hertoghe und Gott“. Die Chronik bringt 
sogar eine Abbildung, die zwar im wesentlichen Schöpfung des Künst⸗ 
lers ist, aber doch auch alte Überlieferung enthält.ss) So ist bemer— 
kenswert in unserem Zusammenhang, daß alle dort abgebildeten Ab— 
götter, ein angeblicher Crodo von der Harzburg, andere „Afgötter“ 
von Oldenburg und anderwärts, alle auf Säulen stehen (vgl. dort 
sowie Abschnitt 11) und daß einer ein Rad in der Hand trägt, das 
uralte Abzeichen der Sonne und ihrer Gottheiten (val. unten Ab— 
schnitt 2. 
Auf alten Bildern ist vielfach der in der Legende häufige Vor— 
gang dargestellt, daß der betreffende Heilige vor ein römisches 
Götterbild geführt wird, um seinen Glauben abzuschwören. Dieses 
Götterbild stellt der deutsche Künstler des Mittelalters sehr häufig 
auf eine Säule; so zum Beispiel Bartholomäus Zeitblom auf einer 
Tafel der Augsburger Gemäldesammlung mit der Legende des hei— 
ligen Valentin. Da tatsächlich die Antike keineswegs ihre Götter— 
bilder auf Säulen stellte, ist dieser Umstand in unserem Zusammen— 
hang bemerkenswert; in der Vorstellung des deutschen Künstlers von 
einem nichtchristlichen Götterbild wirkt uralte Überlieferung seiner 
eigenen vorchristlichen Vorzeit nach. 
Viel erörtert worden ist von jeher die Beschreibung der Irmen— 
sul, die Rudolf von Fulda und andere in ähnlicher Form bringen. 
Einen in die Höhe gerichteten Holzstrunk von nicht geringer Größe 
oerehrten sie im Freien und nannten ihn in ihrer Sprache Irmen— 
sul,9) was auf lateinisch heißt: Allgemeine Säule, die alles trägt 
universalis columna quasi sustinens omnia). Diese Stelle kann 
sicher ihrem Wortlaut nach eine besondere Bedeutung haben; aber 
man wird andererseits doch auch aus ihren Worten nicht zwingend 
s8) Vgl. Chr. Petersen, Die Pferdeköpfe auf den Bauernhäusern, besonders in 
Norddeuͤtschland; Archiv der Schleswig-⸗Holstein⸗Lauenb. Gesellschaft für vaterländische 
Geschichte, Bd. XIV; Kiel 1860. 
50) Bei. Eccardus, Geschichte des niederen Volks in Deutschland, 8. 34, finde 
ich die Nachricht, südlich von Hildesheim liege ein kleines Dorf, Irmensul, plattdeutsch 
Armensülle genannt.
	        
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