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Grundrißlösung und im Aufbau, daß Dinglinger mit besonderer
Sorgfalt vorgegangen ist. Was zunäͤchst den Aufbau betrifft, so
erhält derselbe seine deutliche Horizontal⸗ und Vertital—
gliederung. Die erstere erfolgt durch die rhythmisch gesteigerten
Gesimse. Zunächst das schücht gekehlte des Kellergeschosses,
dann das breite, bandartige zwischen erstem und zweitem
Geschoß und schließlich das reich gekehlte und stark vor—
springende zwischen zweitem und Dachgeschoß. Im Man—
sardendach und im Dreiecksgiebel des Dachgeschosses klingt
dieses Motiv nach oben aus—
Die Vertikalgliederung erreicht Dinglinger durch die
leicht vorspringende Quaderung der seitlichen Eckseine,
die scharfe Betonung des Hauptportales in der Mitte und
durch den Dreiecksgiebel im Dachgeschoß. Beachtenswert
ist dann vor allem auch die feinfühlige Behandlung der
Gewände des Portales und der Fenster. Das Portal selbst
tritt durch die verkröpften Pfeiler und den nach oben ab—
schließenden kräftig behandelten Segmentbogen wie ein
kleiner Mittelrisalit aus dem Gebäude hervor. Als einziger
Schmuck erscheinen die volutenartigen Kapitäle an den
Pfeilern, wie ihn Dinglinger schon an dem Gast- und Rathaus
der Calenberger Neustadt verwandt hatte. Das Gewände
in den Fenstern in den beiden Haupt- und im Dachgeschosse
ist im wesentlichen gleich behandelt. Das Motiv des Portales
ist in schlichteren Formen wiederholt. Von sorgfältiger
Ueberlegung und feinem Geschmacke zeugt die reichere Be—
handlung der Fenster im Mansardendache. Die beiden
seitlichen Fenster neben dem Dachgeschosse mußten eine
etwas stärkere Betonung erfahren, um sich dem Einbau mit
seinen seitlichen Quaderungen, den drei Fenstern und dem
Dreiecksgiebel gegenüber behaupten zu können. Das Ge—
wände ist deshalb an den Seiten kräftiger gebildet und läuft
unten in Voluten aus; der obere Korbbogen ist aus gleichem
Grunde stärker geschweift, gekehlt und mit einem keilfoͤrmigen
Schlußstein geziert. Selbst die obersten Dachgaupen zeigen
diese kräftigere Behandlung indem sie zugleich das Motiv
des Rundfensters im Dreiecksgiebel des Dachgeschosses wieder—
holen.
Der größere Teil der Häuser der Aegidienneustadt besteht
in einfachen Fachwerkhäusern, die im wesentlichen mit dem
vorher besprochenen, Braunschweiger Straße 35 (jetzt 3), über—
einstimmen. Nur drei zeigen eine reichere Gestaltung und