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Bei dem reicher gestalteten Hause Breitestraße Nr. 18
lassen mich besonders die deutlichen Beziehungen zu den
sächsischen Bürgerhäusern an eine Autorschäft Dinglingers
glauben. Zunächst wenigstens liegt kein Anlaß vor, an—
zunehmen, daß außer Dinglinger noch ein anderer aus
Sachsen stammender oder dort geschulter Architekt in der
Zeit in Hannover tätig gewesen ist. Ein- und Umbaulen
ermöglichen auch bei diesem Hause lediglich eine Untersuchung
der Fassade, wobei aber von dem voͤllig veränderten Erd
geschoß abgesehen werden muß. Auch hier ergeben die vor
dem Umbau aufgenommenen Grundrisse i), daß sich das Portal
in der Mitte des Hauses befand, daß diesem eine Treppe
vorgelagert war und daß ihm ein Vorplatz mit je einem
Zimmer rechts und links folgte. Die beiden 3 Fensterachsen
breiten Hauptgeschosse werden durch 4 Pfeiler gegliedert,
das Dachgeschoß ziert wieder ein Dreiecksgiebel. Wenn uns
diese Anordnung auch noch in ähnlicher Weise bei dem Rat—
hause der Neustadt begegnen wird, so liegt der Unterschied hier
doch deutlich zutage. Er äußert sich vor allem in einer bedeutend
reicheren Ausgestaltung der Einzelteile, als wir sie sonst bei
Dinglinger zu sehen gewohnt sind. Die Sohlbänke unter
den Fenstern zeigen einen reichen ornamentalen Schmuck
von rautenförmigen, durch Kreise verbundenen Durch—
brechungen und unter dem Giebel erscheint eine lebhaft
gebildete Konsolenreihe. Auch die Gestaltung des Giebels
mit 2 Fenstern und einem Rundfenster darüber, mit den die
Seitenfläche rahmenden Voluten und drei Vasen mutet reicher
und bewegter an, als bei den übrigen Bauten Dinglingers.
Als besonders nahestehendes Vorbild für dieses Haus
erweist sich unter den sächsischen — wohl kaum zufälliger
Weise — das Dinglingerhaus?) in Dresden, das vermutlich
nach Plänen D. Pöppelmanns errichtet wurde. Die Gliederung
mit Pfeilern, die Gestaltung derselben, die Verzierung der
Sohlbänke der Fenster und die Konsolen zwischen ber—
und Dachgeschoß finden sich genau so dort.
1746 5622) wurde dann nach Plänen und unter Ober—
aufsicht Dinglingers das „Gast- und Rathhaus“ der Calenberger
1) Bauakte im Stadtbaupolizeiamt der Kgl. Haupt- und Residenzstadt
Hannover.
2) Erbaut für einen Onkel Dinglingers, den Goldschmied Christoph Ding-
inger um 1715, (ogl. Abb. 61 in W. Pinder: Deutscher Barock. Düsseldor
und Leipzig O. J. (Blaue Bücher.)
3) Die Erbauungszeit geht aus den Rechnungen (Stadtarchiv) hervor.