— 286 —
dem niedersächsischen Gebiete, von dem weiteren deutschen
ganz zu schweigen, zu nennen.
Aus diesem Grunde kann die Beschäftigung mit einem
Meister wie Dinglinger nicht zwecklos sein; wenn die gewon—
nene Erkenntnis auch nicht höher als ein bescheidener Baustein
in der Geschichte des niedersächsischen Barocks zu werten ist.
Ich habe bereits bei der Besprechung des Palais an der
Leinstraße und bei der des Hauses Breitestraße 18 auf die
sächsischen Anregungen hingewiesen, die Dinglinger empfangen
haben muß und die nach der oben wiedergegebenen Stelle
aus seinen Aufzeichnungen noch wahrscheinlicher werden.
Da uns Dinglinger den Namen seines Lehrers leider
nicht mitteilt, halte ich es für eine müßige Spielerei, auf Grund
stilistischer Anklänge eine Vermutung auszusprechen. An—
klänge an die sächsischen Bauten sind in seinen Entwürfen
zur Genüge vorhanden. Sie reichen aber nicht aus und sind
so verschiedenartig, daß man keinen bestimmten Namen
nennen möchte. Vor allem darf man die gefundene An—
lehnung an einen Bau D. Pöppelmanns nicht überschätzen
und daraus ein Schülerverhältnis Dinglingers zu diesem
berühmten Meister konstruieren wollen. Pöppelmanns wild
hewegte, durch italienische Werke beeinflußte Kunst hatte
sich shon um 1730 überlebt!) und es macht sich von da ab
eine deutlich erkennbare Gegenströmung bemerkbar. Die
Schlichtheit und Einfachheit der Mittel, mit denen Dinglinger
arbeitet, entsprechen jedenfalls viel mehr dem Geiste der in
diesem Sinne geschaffenen sächsischen Bauten.
Daneben wird Dinglinger, wie alle jungen und wer—
denden Architekten des 18. Jahrhunderts — auch den theo—
retischen Schriften mancherlei zu danken haben. Ich wies
bereits bei der Besprechung seiner Schrift über die Korn—
magazine auf die Anklänge an die grundlegenden Arbeiten
des noch viel zu wenig gewürdigten Mathematikprofessors
und Architekturtheoretikers L. Chr. Sturm?) hin. Daneben
deuten Anklänge auch auf die Benutzung der Arbeiten von
J. R. Fäsch?).
) Vol. Walther Die trich: Beiträge zur Entwicklung des bürger—
lichen Wohnhauses in Sachsen im 17. und 18. Jahrhundert. (Dresdener Disser—
tation.) Leipzig 1903.
2) Vergl. über die Bedeutung und den Einfluß Sturms Habicht:
die Herkunft der Kenntnisse Baltasar Neumanns ... Etadtbibliothek.)
e) Vgl. J. R. Fäsch: Anderer Versuch seiner architect. Werke ...
Nürnberg 172229.