20 Das Colner Osterdienstags-Protokoll.
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2. Ein anderer sehr wesentlicher Punkt des „Protokolls“
illustriert die Meinung, welche die versammelten Herren über die Persön—
lichkeit ihrer Fraktionsfreunde hegen. Die Cöolner Konferenzteilnehmer
wissen sich in einem ganz unverkennbaren Gegensatze zu vielen Fraktions⸗
genossen, denn sonst hätte es gar keinen Sinn gehabt, sich abgesondert
von den andern in der Stille zu versammeln. Gerade aus dem Munde
des Herrn Bitter erfahren die Zentrumswähler, daß es unter den Mit—
gliedern der Fraktion „zu viele Leisetreter, zu viele mandatssüchtige Streber
und zu wenig Charaktere gibt“; freilich sei unter ihnen „mancher gute
Kerl“, der aber des straffen Zügels bedürfe. Die Arbeitersekretäre finden
allerdings bei Herrn Bitter eine andere Bewertung, als die vielen „Leise—
treter“ in der Fraktion. Am liebsten wäre es ihm wohl, wenn sich die
Vertreter der Arbeit wirklich in lauter „CLeisetreter“ und „gute Kerle“
umwandeln wollten.
Bei einer solchen Einschätzung der Persönlichkeiten wäre es aller—
dings für die Cölner HZehnmänner wenig opportun gewesen, den Rat
zu befolgen, welchen die Rölnische Volkszeitung vom 25. Juni 1909
mit den Worten ausspricht: „Wenn die betreffenden Herren es für
wünschenswert hielten, einen Austausch in kleinerem Kreise herbei—
zuführen, so hätten sie unseres Erachtens zu der Besprechung auch
solche Persönlichkeiten einladen sollen, gegen deren angeblich bedenkliche
Bestrebungen die Zusammenkunft sich richtete, also führende Persönlich—
keiten der Zentrumspartei, Vorstandsmitglieder des Volksvereins für das
katholische Deutschland, Vorstandsmitglieder des Augustinusvereins (da
es sich auch um eine Preßaktion handelte), sowie führende katholische
Mitglieder der christlichen Gewerkschaften, über welche zwar eine
Beschlußfassung nicht stattgefunden hat, die aber doch in der Erörte—
rung am Osterdienstag eine Rolle gespielt haben. Wie man uns mit
teilt, ist auch von einem Teilnehmer an der Osterdienstags-BPersamm—
lung angeregt worden, so zu verfahren, jedoch ohne Erfolg.“
3. Nicht gerade besonders wesentlich, aber doch auch nicht un—
interessant sind die Mitteilungen des Protokolls über das Verständnis
der Hherrn für Stimmungsmache. Schon im Voraus weiß man, daß
bei der geplanten nächsten Versammlung „das erlösende Wort“