Ddas Colner Osterdienstags-Protokoll. 2
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Rücksichten zu nehmen. Schon jetzt stehen sehr angesehene Protestanten
dem Fentrum nahe und bilden seine kräftigste Stütze.“
Von welchem Verein Windthorst hier spricht, geht aus dem wört⸗
lich wiedergegebenen Fitat nicht hervor. Faßt man aber das „Sympto⸗
matische“ der Windthorstschen Erklärung ins Auge, so könnte es fast
scheinen, als habe Windthorst bereits an die Gründung einer
Gesellschaft für christliche Kultur oder gar an den Volks—
verein gedacht . . ..
Der Ruf: „Zu Windthorst zurück!“ — das werden die Zehn⸗
männer kaum bestreiten, — ist auch gleichbedeutend mit dem Rufe:
Zurück auf Mallinckrodt und UKetteler! Mallinckrodt aber
äußert am 31. Januar 1872 seine Ansicht dahin: „Wir haben Ihnen
drei⸗ und viermal gesagt: Wir sind nicht nur keine konfessionell gebildete
Fraktion, sondern wir wollen es auch nicht sein; wir sind es prin—
zipiell nicht nach unserm Programm, wir sind es tatsächlich nicht,
insofern als wir bekanntlich im Reichstage auch protestantische Mit⸗
glieder zählen.“
Und der Bischof Wilhelm Emmanuel Freiherr von
Uetteler sagt in seiner Programmschrift über „Die Sentrums
fraktion auf dem ersten Deutschen Reichstage“ folgendes:
„Die Zentrumsfraktion ist soweit davon entfernt, eine exklusiv
katholische zu sein, daß die entschiedensten Anhänger des Protestantismus,
wenn sie nur auf dem Boden des positiven Rechtes und der rechtlichen
Parität stehen, ihr angehören und in dieser Beziehung alle ihre
Forderungen und Bestrebungen teilen können.“ — Und weiter meint
Ketteler: Durch ihre bezüglichen Anträge hat die Zentrumsfraktion
bewiesen, daß sie für die Stellung der Kirche im Reiche lediglich die
Bestimmungen der preußischen Verfassung fordert, und wer daher
behaupten will, daß dieses Streben ein erklusiv katholisches sei, der muß
annehmen, daß die preußische Verfassung selbst exklusiv katholisch sei.“
Diese Auffassung Kettelers, daß jede „Prononzierung des
katholischen Standpunktes?) verfehlt sei, scheint auch die Denkschrift
des gesamten deutschen Episkopats über die kirchliche Cage Deutschlands
— Siehe oben 5. 12: Schluß des ersten Absatzes.