392 Die Grundlehren der Kinetik materieller Systeme.
thatsächlich möglichen Elementarbewegungen des Systems,
Ist nun die Summe der virtuellen Arbeiten aller Kräfte, welche
an den verschiedenen materiellen Punkten des Systems wirken,
für beliebige unendlich kleine Verschiebungen derselben, welche
mit einer thatsächlich möglichen Bewegung des ganzen Systems
vereinbar sind, stets gleich Null, dann ist das System im Gleich-
yewicht. So kann das Prinecip der virtuellen Geschwindigkeiten
für unfreie materielle Systeme ausgesprochen werden. Dieser
3atz bedarf aber noch des Beweises. Zu dem Ende sagen wir:
Wäre das vor Einwirkung der Kräfte in Ruhe gedachte, von den
Kräften angegriffene System nicht im Gleichgewicht, so würde es
eine bestimmte Bewegung annehmen, wobei die zuerst stattfinden-
jen Elementarbewegungen der einzelnen materiellen Punkte des
3ystems als virtuelle Verschiebungen angesehen werden können,
verträglich mit der Bewegung des ganzen Systems. Für eine
solche virtuelle Verschiebung ist aber der Voraussetzung nach
lie Arbeitssumme sämmtlicher Kräfte gleich Null. Nun kann
man die erwähnten Elementarbewegungen verhindern, also das
Gleichgewicht des Systems herstellen, wenn man an den einzelnen
materiellen Punkten ihren angestrebten Bewegungen entgegen-
wirkende Kräfte oder Widerstände von entsprechender Grösse
anbringt, deren Arbeiten bei der virtuellen Verschiebung der
materiellen Punkte alle negativ würden. Wenn Gleichgewicht
besteht, so ist die Arbeitssumme aller Kräfte gleich Null; die
arsprünglich am System wirkenden Kräfte geben aber der Vor-
aussetzung nach für sich eine Arbeitssumme gleich Null, es müss-
ten daher „auch die zur Bewegungsverhinderung angebrachten
Kräfte eine Arbeitssumme gleich Null liefern, was nicht der
Fall sein kann, da die Summe von lauter negativen Arbeiten
ebenfalls negativ wird, Wegen dieses Widerspruches kann also
aicht angenommen werden, dass die gegebenen Kräfte vorliegen-
alen Falles eine Bewegung des Systems hervorrufen, oder mit
anderen Worten: Es ist nur Gleichgewicht des Systems möglich.
Bei einem unbeschränkt beweglichen, im Gleichgewicht be-
ändlichen materiellen System ist die Summe der Arbeiten sämmt-
icher an den materiellen Punkten des Systems wirkenden Kräfte
für jede virtuelle Verschiebung dieser Punkte stets gleich Null.
Diese Arbeitssumme ist dann auch gleich Null, wenn man den
materiellen Punkten nur solche Verschiebungen beimisst, bei wel-
chen die Punkte ihre gegenseitige Lage nicht ändern. In letz-
serem Falle bilden aber die materiellen. Punkte ein starres
System. Somit wäre dieses starre System ebenfalls im Gleich-
yewicht, oder mit anderen Worten: das Gleichgewicht eines ver-