vHorrede.
Er Nutzen der Mechanic ist durchgehends so be⸗
kandt, daß ihn niemand in Zweiffel ziehet / und eine vergebe⸗
ne Arbeit seyn wuͤrde, wenn man denselben weitlaͤufftig aus⸗
fuͤhren wollte. Es haben demnach so wohl die Mathemati-
i, sonderlich in unsern Zeiten ihnen angelegen seyn lassen, die
Theorie dieser vortrefflichen Wissenschafft immer je mehr und mehr zu er⸗
weltern, und auf einen groͤssern Grad der Vollkommenheit zu treiben, als
auch ins besondere die Kuͤnstler durch Erfindung zum menschlichen Gebrauch
nutzlicher Machinen die Schaͤtze der Kunst zu vermehren. Die Mathema
tici begnuͤgen sich insgemein bloß mit der Theorie/ und finden an einer tief⸗
fen Einsicht ihr Vergnuͤgen. Ja es geschiehet wohl oͤffters, daß einige die
Wercke der Kunst als was veraͤchtliches ansehen, worauf seine Gedancken
zu richten einem hohen Geiste unanstaͤndig waͤre/ der sein Vergnuͤgen bloß
darinnen süchen muͤßte, was durch ungemeine Kraͤffte des Verstandes her⸗
aus gebracht wird, und wodurch man einen Vorzug fuͤr andern erhaͤlt, bey
denen man sich in Verwunderung setzet, weil sie ein gleiches zu thun sich nicht
im Stande befinden, und nicht begreiffen koͤnnen, wie andere durch ihren
Verstand in die so tieff vergrabene Wahrheiten so gluͤcklich eindringen koͤn⸗
nen. Hingegen diejenigen, welche die Kunst lieben, sehen mehr auf den Nu⸗
tzen des menschlichen Geschlechtes, und finden an dem ihr Vergnuͤgen, was
einen noch nie erkannten Nutzen gewehret, der um so viel mehr Gefallen er⸗
wecket, je unvermutheter derselbe ist, und je weniger man sich haͤtte einbilden
koͤnnen, daß dergleichen Vortheil durch die Kunst zu erhalten stuͤnde. Und
es geschiehet gemeiniglich, daß diese die Theorie der Mathematicorum als
leere Grillen ansehen, an welchen dem menschlichen Geschlechte nichts gele—
gen waͤre. Wenn sie noch am billichsten urtheilen wollen sehen sie dieselhe als
ein Spielwerck an, das muͤssigen Koͤpffen zu einem Zeitvertreib dienet wel⸗
che in der Welt bloß ihnen selbst, nicht aber andern leben. Daher koinmet
es, daß man die Theorie anzusehen hat als einen Schatz, der im Kasten von
einem Geitzigen eingeschlossen wird, und der weiter zu nichts dienet, als daß
derjenige, der ihn verwahret, sich daran ergoͤtzet, und deswegen sich besser
zu seyn duͤncket als andere, die dergleich en Schaͤtze nicht besitzen; hingegen
die Wercke der Kunst, die vielen Maͤngeln unterworffen sind, gebrechlichen
Personen gleichen, denen niemand helffen will, damit sie ihre Arbeit besser
und bequemer verrichen koͤnnten: Da gleich wie im Gegentheil der Reiche
mit seinem Uberflusse dem Mangel der Duͤrfftigen abhelffen sollte, also auch
der Theoriste seinen Schatz zu Verbesserung der Kunst anzuwenden haͤtte.
Wissenschafft und Kunst sollten niemahlen von einander abgesondert wer⸗
den/ damit jene nicht unfruchtbar, diese hingegen nicht unvollkommen ver⸗
bliebe. Und demnach sollten die Mathematici sich auch um die Kunst bekuͤm⸗
mern, und diejenige, welche der Kunst ergeben sind, die Theorie nicht aus
den Augen setzen. Es ist wohl wahr, daß sich nicht ein jeder zu beyden schi⸗
cket. Einige sind zur Wissenschafft aufgelegt, und finden an der Kunst etwas
widriges, was ihnen widerstehet, wenn sie sich 28* wagen sollen. I
9 er
5*