Full text: Erste Ausgabe der Version, Nebst 10. Kupffer-Tabellen (Erster Theil, Erste Ausgabe)

her treiben sie jene mit Vergnuͤgen, und sind gluͤcklich in ihrem Unternehmen. 
Und wer ihren Eyfer hemmen, und ihren Fleiß auf etwas anders lencken 
wollte, der wuͤrde die Aufnahme der Wissenschafften hindern. Hingegen 
sind andere, deren Naturell ist zu den Kuͤnsten geneigt. Was sie hierinnen 
anfangen, gehet ihnen wohlvon statten: allein an der Wissenschafft haben 
sie einen Eckel, und sind viel zu ungedultig, als daß sie darauf gehoͤrigen Fleiß 
wenden sollten. An diesem Eckel und dieser Ungedult haben die ersteren mehr 
Schuld als sie selbst. Denn weil sie sehen, daß die andern mit ihren Iheo- 
rien nichts ausrichten, und niemanden einigen Nutzen schaffen, dabey aber 
doch dasjenige, was dem menschlichen Geschlechte unentbehrlichen Nutzen 
bringet, verachten; so gerathen sie nicht allein auf die Gedancken, als wenn 
die Theorie keinen Nußen schaffte, sondern es wird auch in ihnen ein Wider⸗ 
willen erreget, der sie antreibet gleiches mit gleichem zu vergelten, und die 
Wissenschafft fuͤr geringschaͤtzig zu achten. Die also einander huͤlffreiche 
Hand leisten sollten, sind wider einander, und da einer des andern Kram ver⸗ 
achtet, muß durch beyder Unart die Wissenschafft und Kunst darunter lei⸗ 
den. Bey so bewandten Umstaͤnden waͤre nun noͤthig, daß der dritte Mann 
dazu kaͤme, welcher die Wissenschafft und Kunst mit einander vereinigte, da⸗ 
mit dem Gebrechen der Theoristen abgeholffen, und den Liebhabern der 
Kunst das Vorurtheil benommen wuͤrde, als wenn sie ohne die Theorie da⸗ 
rinnen vollkommen seyn koͤnnten, und diese nur muͤssigen Fopffengu uͤberlas⸗ 
sen haͤtten, die man in der Welt zu nichts gebrauchen koͤnnte. Man siehet 
aber leicht, daß derjenige, welcher dieses uͤber sich nehmen will, sich so wohl 
in der Wissenschafft, als in der Kunst muß umgesehen haben: dann fehlet es 
ihm an gehoͤriger Theorie, so will ein Blinder einem Blinden den Weg wei⸗ 
sen: fehlet es an der Einsicht in die Kunst, so wird man bey denen, die darin⸗ 
nen geuͤbte Sinnen haben, die Theorie nur zum Spott machen, und sie noch 
mehr in ihren Vorurtheilen bestaͤrcken. Ein ehemahliger bekandter Profeh 
sor Matheseos, der vor einigen Jahren gestorben, war in diesem Stucke zu 
loben, daß er verlangte, man sollte in der Mathematie nicht bey der blossen 
Thedrie verbleiben/ sondern dieselbe zugleich zum Nutzen im menschlichen 
Leben anzuwenden suchen. Allein die allzuschlechte Einsicht in die Wissen⸗ 
schafft, und das allzugrosse Vertrauen auf sich selbst in der Kunst, machte 
alle seine Bemuͤhungen fruchtloß. Daher er in der Vorrede uͤber eine Di 
sputation von den Muͤhlen sich selbst mit den Fleder⸗Maͤusen vergleichet, 
die man weder unter den Voͤgeln, noch unter den vierfuͤssigen Thieren dul⸗ 
ten wollte, uud daruͤber beschweret, daß er den Haß der Kunst⸗uͤbenden und 
die Verachtung der Theoristen auf sich haͤtte, da er doch nach seinem Natu⸗ 
rell von beyden als ein besonderer Mann wollte verehret seyn, und den 
Ruhmbey der gelehrten Welt mit diesen, das Gluͤck bey Hofe mit jenen thei⸗ 
len. Aus welcher Ursache er die gantze Zeit seines Lebens in Unruhe des Ge⸗ 
nuͤthes zugebracht, und bey aller Gelegenheit sich uͤber die Unerkaͤntlichkeit 
seiner Verdienste, und das Unrecht des Gluͤcks beschweret. Von seiner ge⸗ 
ringen Einsicht in die Theorie zeuget sein Compendium Matheseos oder 
kurtzer Begriff der Mathematischen Wissenschafften: wie schlecht man aber 
mit seinen vermeynten gantz sonderbahren Erfindungen in der Kunst zuftie 
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