94 Wbasagsser-⸗Bau⸗Kunst. Drittes Buch.
es gleich zu Anfang den hoͤchsten Grad der Ausdehnung, deren es vermoͤgend ist, errei⸗
chet haben sollte, vornemlich wenn man sich hierzu des Luͤtticher Leders bedienet, wel—
ches das beste ist, so man in solchen Faͤllen gebrauchen kan: Und solcher gestalt fuͤllet das
Leder den Stiefel bestaͤndig willig aus.
Ich muß auch mit anfuͤhren, daß der Ring 2 gar fuͤglich dienet, die Kolben⸗
Stange P auf solche Art einzuhacken, daß sie ohne allen Zwang auf⸗ und niederspielen
kan, damit der Kolben wehrendem Auf-⸗ und Absteigen nicht gezwungen sey, sich mehr
auf die eine als andere Seite zu wenden: Denn weilen es nicht jederzeit auf unsern Wil⸗
len beruhet, die Kolben⸗Stange loth-⸗ oder senckrecht wuͤrcken zu lassen, vornemlich an
einer Kurbel oder an einem krummen Zapfen; so muß dabey sorgfaͤltig vermieden wer—
den, daß sie in ihrer Bewegung nicht mit Gewalt getrieben werde. Weshalben es
dann also bey denen Druckwercken weit besser ist, daß der Kolben an der Kolben⸗Stange
beweglich henge, als daß er an dieselbe fest gemacht sey.
Beschreibung ei—⸗ 8§. 958. Ob gleich der vorher beschriebene Kolben einer von denen besten ist;
nes neu erfunde so muß man dennoch gestehen, daß, wenn sich nach einiger Zeit das Leder nach und nach
nen Kolbens, wel immer mehr und mehr ausgedehnet, und also den von der Lriction verursachten Abgang
—A— bestaͤndig wiederum so zimlich ersetzet hat, der Kolben den Stiefel nicht mehr so sehr
schaft hat. ausfuͤlle, daß er nicht dem Nachdruck des in die Hoͤhe getriebenen Gewaͤssers, zumai,
wenn es auf eine zimliche Hoͤhe geschiehet, in etwas nachgeben sollte, anerwogen derje—
nige Widerstand, welcher von der Schwehre des Gewaͤssers verursachet wird, allstets
einerley verbleibet, hergegen das Anstemmen des Kolbens gegen den Stiefel bestaͤndig
immer schwaͤcher und schwaͤcher wird. Alles dieses aber in gehoͤrige Gleichheit zu setzen,
nuͤßte hierbey eine solche Wuͤrck-Ursach zu schulden kommen, die das Anstemmen des
Kolbens von selbst nach demjenigen Nachdruck proportionirte, den er nothwendig weh⸗
rendem Herniedersteigen gusuͤben sollte, und alsdann wuͤrde ein solcher Kolben alle gehoͤ⸗
rige Vollkommenheit besitzen, die man je von ihm verlangen koͤnte. Nachdeme ich mit
diesen Gedancken einige Tage lang umgegangen, habe verschiedene Mittel gefunden,
asjenige wuͤrcklich zu leisten 9 kaum vorhero Meldung gethan. Der folgende
Kolben ist derjenige, dessen Verfertigung und Gebrauch mir vor andern am natuͤrlich⸗
sten und leichtesten geschienen.
Man muß sich einen hohlen und kupfernen Cylinder gheuvorstellen, welcher mit
einer gewissen Anzahl ausgebohrter Loͤcher versehen. Dieser Cylinder muß oben mit ei⸗
ner runden Platte oder Scheibe von gleicher Materie, AB verschlossen seyn. Diese
runde Platte AB, und der Cylinder zusamt dem untern Saum oder Laͤppen IK, wird
usammen auf einen Guß gegossen. Der Rand oder Lappen IK dienet, um an dem⸗
selben noch eine andere runde Platte oder Scheibe od zu befestigen, die mit der erstern
AB von gleicher Groͤsse ist, jedoch mit dem einigen Unterschied, daß sie in ihrem Mittel
ein rundes Loch besitzet, dessen Diameter oder Muͤndung, der innern Muͤndung des
Cylinders vollkommen gleich seyn soll. An dieser Oeffnung muß alsdann ein bey denen
Franzosen so genanntes Muschel⸗Pentil angebracht werden, und zwar auf solche Art,
daß der Ventil⸗Stock oder die Ventil⸗Huͤlse zwischen dem Lappen ik und der kupfer—
nen Platte ed eingesetzet, und alles mit denen hierzu gehoͤrigen Schrauben starck ver⸗
schraubet werde. Jeder kupfernen Platte ihre Kante bekommt eine runde Kehle oder
Kerbe, deren aͤussere Rande abgeruͤndet werden muͤssen, damit so wohl an der obern als
untern Platte der Saum eines ledernen Sacks oder Beutels daselbsi in die Kehle ein—
geleget werden koͤnne. Dieser Beutel hat die Form eines Cylinders, an deme alsdann
die beyden kupfernen Platten AB, cd, gleichsam die Stelle derer Boͤden vertreten.
Damit aber auch derselbe mit denen Platten recht fest vereinbaret werde, bedienet man
sich hierzu eines starcken Bind-Fadens, der vorhero wohl verpicht, oder in Oel gesot⸗
ten worden: Mit diesen umwickelt man das Leder so viel mal, bis es aufs schaͤrffste an
denen Kehlen anlieget, und alsdann alles zusammen einem dergleichen Gefaͤß gleich sie—
het, wie die gte Figur anzeiget. Dieser gantze Kolben muß sonst nirgends keine Oeff—
aung haben, als die einige im Boden, wenn das Ventil, dessen Stifft an eben dieser
Figur bey Kannoch wahrzunehmen, offen stehet. Er wird hierauf an eine Kolben—
Stange Hbefestiget, die mit einer drey- oder vierfachen Creutz- Gabel IG versehen ist,
damit man dieselbe an die obere Platte AB mit Schrauben fest anschrauben koͤnne.
Tab.4. Fig.i. Hierauf giesset man Wasser in den Stiefel, und fuͤllet denselben bis ohngefehr
drey Viertheile seiner Hoͤhe voll. Alsdann hebet man den Kolben auch hinein, welcher
dann sogleich ohne alle Schwuͤrigkeit eingehet: So bald er aber tiefer hinab kommt,
und die unter ihm befindliche Lufft in die Enge getrieben wird, hebet sie das Ventil in
die Hoͤhe, und dringet in den Cylinder gh, aus diesem aber in die Hohlung des Kolbens.
Wehrend dem, da er immer tieffer hinab kommt, faͤngt das Gewaͤsser ebenfalls an
hinein zu dringen, so lang bis er endlich bey der Muͤndung der Gurgel NO eg
nemli
—— —
4
4
8
6
28
55
d
5
4