Full text: Grundriss der allgemeinen Chemie

Die chemische Konstitution 259 
ist, so ergibt sich m (n — 1)/d == 20-70, während die Summe der 
Atomrefraktionen 20-80 beträgt. Die Übereinstimmung liegt inner- 
halb 1) 9: 
Während bei diesen ersten Arbeiten der Nachweis der additiven 
Gesetzmäßigkeiten im Vordergrunde stand, stellte sich doch trotzdem 
heraus, daß diese nicht allein tätig sind. Nachdem bereits Gladstone 
und Landolt einzelne ahweichende Fälle nachgewiesen hatten, zeigte 
Brühl (1880), daß insbesondere eine konstitutive Eigentümlichkeit, die 
sogenannte doppelte Bindung des Kohlenstoffs, große und regelmäßige 
Abweichungen von dem ursprünglichen Schema bewirkt. Derartige 
Stoffe zeigen stets eine größere Molarrefraktion, als sich aus den Einzel- 
werten berechnet, und man muß daher den Satz von Landolt in 
ähnlicher Weise erweitern, wie das Koppsche Gesetz von den Molar- 
volumen. Neben der additiven Summierung machen sich konstitutive 
Einflüsse geltend, und die Elemente tragen, je nach der Art, wie sie 
sich betätigen, verschieden viel zur Molarrefraktion bei. 
Dies ist zunächst beim Kohlenstoff genauer untersucht worden, gilt 
aber, wie die vorhandenen Messungen ersehen lassen, auch für andere 
Elemente, und zwar nicht nur für solche, die wie Sauerstoff, Schwefel, 
Stickstoff usw. sich mit verschiedener Valenz und in verschiedener 
Bindungsweise betätigen, sondern auch für einwertige. So wird von 
Brühl folgende Zusammenstellung gegeben: 
Kohlenstoff 2:18 Brom 8:05 
Wasserstoff ; Jod 13:99 
Hydroxylsauerstoff 1-13 Stickstoff‘ (einfach gebunden) 3:02 
Carbonylsauerstoff 2:34 Doppelbindung am Kohlenstoff 1:78 
Chlor 6:02 Dreifache Bindung am Kohlenstoff 2-18 
Die beiden letzten Werte bedeuten, daß zwei doppelt gebundene Kohlen- 
stoffatome nicht die Atomrefraktion 2 > 2:48 = 4:96, sondern die 
um 1:78 größere 6:74 besitzen; ebenso haben zwei dreiwertig gebun- 
dene Kohlenstoffatome den Refraktionswert 4:96 + 2:18 = 7-14. 
Mit Hilfe dieser Konstanten, welche sich auf die Formel Pa 1 MM 
n,+2 d 
und den a@-Strahl des Wasserstoffs beziehen, ergeben sich nun Werte 
für die Molarrefraktion von Verbindungen, welche mit den beobach- 
teten meist recht gut übereinstimmen. Der ziemlich erhebliche und 
sehr konstante Einfluß der doppelten Bindung hat sich insbesondere 
mehrfach von Nutzen bei der Erörterung von Konstitutionsfragen er- 
wiesen. 
Man darf indessen nicht annehmen, daß die noch vorhandenen 
Unterschiede zwischen Messung und Rechnung nur Beobachtungsfehler 
sind. Es geht vielmehr aus dem sehr vermehrten Beobachtungsmaterial 
mit Sicherheit hervor, daß die Unterschiede wirklich bestehen. Man 
hat sie darauf zurückzuführen versucht, daß die Dispersion sich noch
	        
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