Full text: Grundriss der allgemeinen Chemie

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Stöchiometrie 
nicht berücksichtigen läßt, wie denn Stoffe mit starker Dispersion regel- 
mäßig eine größere Molarrefraktion aufweisen, als sich aus den vor- 
stehenden Konstanten berechnen läßt. Aber auch bei anderen Stoffen 
ohne starke Dispersion haben sich solche Abweichungen gezeigt, so 
daß der oben gezogene Schluß, daß über das additive Schema der 
Refraktionskonstanten sich konstitutive Einflüsse lagern, sich überall 
geltend macht. Die Feststellung der Art und des Betrages dieser Ein- 
Aüsse steht noch der Zukunft anheim. 
Die oben mitgeteilten Konstanten lassen sich zum Teil in der Weise 
prüfen, daß man die Atomrefraktionen der freien Elemente aus 
ihren Brechungskoeffizienten und Dichten berechnet. So ergaben sich 
aus den Werten für die gasförmigen Stoffe Wasserstoff und Chlor die 
Refraktionen H = 105, Cl — 5:78, welche mit den aus den Ver- 
bindungen abgeleiteten einigermaßen stimmen. 
Andere Fälle zeigen indessen wieder große Abweichungen. Ebenso 
findet man bei dem Versuche, die Molarrefraktion insbesondere der 
einfachsten Verbindungen additiv zu berechnen, mannigfaltige Wider- 
sprüche. Es sind hier die gleichen Erwägungen anzustellen, die bezüg- 
lich der Molarvolume (S. 253) angestellt worden sind. Gerade bei den 
ersten Gliedern der verschiedenen Reihen vergleichbarer Stoffe machen 
sich die besonderen konstitutiven Eigentümlichkeiten am meisten geltend, 
und man ist daher nicht berechtigt, aus Verhältnissen, die sich an zu- 
sammengesetzteren Stoffen ergeben haben, Schlüsse auf Konstitutions- 
eigenschaften solcher einfacher Verbindungen zu ziehen. Vielmehr sind 
diese durchaus individuell zu behandeln. 
Dies gilt insbesondere auch für die Refraktionskonstanten gasförmiger 
Stoffe, Wiewohl sich diese in den vergleichbarsten Zuständen befinden, 
die wir überhaupt kennen, sind doch ihre Brechungsverhältnisse in 
großem Widerspruch mit dem additiven Schema. Dies rührt daher, 
daß es sich hier meist um ganz einfach zusammengesetzte Stoffe han- 
delt, deren individuelle Beschaffenheit entscheidend in den Vordergrund 
tritt. Die Refraktionsverhältnisse der Dämpfe zusammengesetzterer Stoffe 
zeigen. dagegen wieder dieselben Regelmäßigkeiten, die an den Stoffen 
im flüssigen Zustande zu beobachten sind. 
Viel weniger eingehend untersucht, als die organischen Verbindungen, 
sind die der anorganischen Chemie. Hier verdanken wir fast alles, was 
wir wissen, den Arbeiten Gladstones. Auch hier hat sich im all- 
gemeinen ein additives Gesetz gültig gezeigt, jedoch mit deutlicher Mit- 
wirkung konstitutiver Umstände. So ist z. B. die Molarrefraktion freier 
Säuren von denen ihrer Kalisalze um einen Wert verschieden, der für 
alle starken Säuren nahezu gleich ist, und ebenso für alle schwachen 
Säuren; für beide Gruppen ist der Unterschied aber nicht gleich. 
Ebenso stellte sich heraus, daß wenn ein Metall mehrere Salzreihen 
zu bilden vermag, es in jeder dieser Reihen eine besondere Atom- 
refraktion besitzt.
	        
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