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Chemische Thermodynamik
keit. So lange die Beschaffenheit des festen Stoffes dieselbe bleibt,
verläuft‘ auch die Lösungslinie ohne Sprung oder Knick. Umgekehrt
kann man sicher sein, daß wo eine Lösungslinie unstetige Änderungen
enthält, die Beschaffenheit des festen Stoffes unter der Lösung eine
plötzliche Änderung erlitten hat. Solche Änderungen können von
Polymorphie, Schmelzung, Verbindung mit dem Lösungsmittel, bez.
Änderung eines vorhandenen Verbindungszustandes herrühren; sie be-
ainflussen jedesmal den stetigen Verlauf der Linie.
Die angemessene Auffassung dieser Erscheinung ist die, daß jeder
Form des festen Stoffes eine eigene Löslichkeit zukommt. Bei Tem-
peraturen, wo zwei verschiedene Formen des festen Stoffes unter der
Lösung nebeneinander bestehen können, muß auch ihre Löslichkeit
gleich sein, da sonst wieder ein Perpetuum mobile zweiter Art mög-
lich wäre. Die beiden Lösungslinien schneiden ‚sich also in: einem
solchen Punkte. Da außerhalb dieses Punktes eine der beiden Formen
instabil wird, so ist es auch diese Form neben der Lösung. Doch
sind häufig ziemlich bedeutende Überschreitungen möglich, so daß die
Tatsache des Bestehens und Durchschneidens der mehreren Lösungs-
linien vielfach experimentell nachgewiesen worden. ist.
Das bekannteste Beispiel hierfür ist das Natriumsulfat, für dessen
Löslichkeit schon von Gav-Lussac die in Fig. 41 gezeichnete Kurve
zegeben worden ist. Die
mit 1O bezeichnete Linie
bezieht sich auf das ge-
wöhnliche Glaubersalz mit
ı:o H,O, die mit oO be-
zeichnete auf wasserfreies
Salz. Bei 33° verwandelt
sich das erstere in eine
zesättigte Lösung neben
wasserfreiem Salz, und
man beobachtet von dort
ab nur die Löslichkeit
des letzteren. Jedoch kann
man, wenn man Keime
von Glaubersalz sorgfältig
ausschließt, Lösungen unter 33° herstellen, die mit wasserfreiem Salz
im Gleichgewicht sind, und deren Zusammensetzung sich völlig stetig
der der Lösungen über 33° anschließt, wie das durch die Verlänge-
rung der Linie über den Durchschnittspunkt nach links zum Ausdruck
gebracht ist.
Unter 7 ist schließlich die Löslichkeit des Salzes mit 7 H,O dar-
gestellt, von dessen Auftreten S. 364 die Rede war.
Lösungswärmen. Bei der Auflösung fester Stoffe in Flüssigkeiten
wird gewöhnlich Wärme aufgenommen, doch ist auch der umgekehrte