Full text: Grundriss der allgemeinen Chemie

570 
Mikrochemie 
entsprechende Korrektur an dem Boyleschen Gesetz anbringen. Nennt 
man b den von den Molekeln eingenommenen Raum, so ist das 
Boylesche Gesetz nicht auf den gesamten Raum des Gases, sondern 
auf den nicht von der Substanz der Molekeln erfüllten Zwischenraum 
v—b zu beziehen (vergl. S. 55), und wir erhalten statt der Glei- 
chung pv == RT vielmehr die Gleichung: p(v— bb) == RT. 
Dieses Korrektionsglied b fällt um so mehr ins Gewicht, je kleiner 
der Raum ist, in dem das Gas sich befindet, und kann daher nur 
genau bei großen Drucken beobachtet werden. Es erklärt die Abwei- 
chungen, welche Regnault beim Wasserstoff beobachtet hatte, und welche 
nach den Arbeiten von Natterer und Amagat bei sämtlichen stark 
zusammengedrückten Gasen auftreten (S. 55). Auf diese Weise hat 
Budde (1874) berechnet, daß z. B. im Wasserstoff bei 76 cm Queck- 
silberdruck b == 0.00062 ist. Von van der Waals ist dann gezeigt 
worden, daß, wenn man die kinetische Hypothese annimmt, wegen 
der Bewegung der Molekeln b nicht als das Molekularvolum selbst, 
sondern als dessen vierfacher Wert aufzufassen ist. 
Nun betragen nach den oben (S. 569) dargelegten Rechnungen die 
Summen aller Querschnitte der Wasserstoffmolekeln in einem Kubik- 
zentimeter bei 76cm Druck 9500 qem. Nennt man x den Durch- 
messer einer würfelförmig gedachten Molekel, so muß x > 9500 gleich 
dem Gesamtvolum der Molekeln, also gleich 1), >< 0:00062 ccm sein, 
woraus x == 1-6 >< 1078 cm folgt. 
Für die anderen Gase ergeben sich ähnliche Zahlen, die meist etwas 
niedriger liegen, und deren Betrag im allgemeinen vom Atomgewicht 
und der Zusammengesetztheit der Stoffe ziemlich unabhängig ist. Bei 
der großen Unsicherheit, die diesen Werten noch anhaftet, kann von 
ihrer Mitteilung abgesehen werden. Dagegen hat sich die gefundene 
Größe für die „Dimensionen der Molekeln“ als eine Zahl erwiesen, 
der auch unabhängig von der kinetischen Hypothese eine physische 
Bedeutung zukommt. Sie erweist sich als die Dimension, unterhalb 
deren die Stoffe andere Eigenschaften annehmen, als sie in größeren 
Mengen, die wir zu betrachten gewohnt sind, aufweisen, und wir haben 
ınter diesem Gesichtspunkte diese Werte oben (S. 94) erörtert. . 
Anzahl der Molekeln. Aus dem Wert für die Dimensionen einer 
Molekel ergibt sich alsbald der für alle Gase gültige Wert der Anzahl 
der Molekeln in einem Mol, welche gemäß dem Satze von Avo- 
gadro unabhängig von der Natur des Gases ist. Aus dem Werte 
für die Seite der würfelförmig gedachten Molekel 1.6 >< 1078 folgt für das 
Volum derselben 4-1 > 107% ccm. Da nun ı ccm Wasserstoff einen 
Molekelraum von 1/4 > 0:00062 ccm hat, so ist der von einem Mol 
Wasserstoff 22400 mal größer, da dies der Raum von einem Mol 
Wasserstoff (und von jedem anderen Gas) im Normalzustande ist. Dar- 
aus folgt ein Molekelraum von 3:47 ccm für ein Mol Wasserstoff, und 
teilt man diesen durch das oben gefundene Volum der einzelnen Mo-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.