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lekel, so ergibt sich die Anzahl der Molekeln in einem Mol
gleich 0:85 > 10%, also in runder Zahl 10%,
Berechnungen auf Grund verschiedener anderer Daten haben für
diesen Fundamentalwert der kinetischen Theorie teils etwas höhere,
teils etwas niedere Werte ergeben. Als wahrscheinlichster Wert ist
0:71 > 10% anzunehmen (Perrin 1908).
Die kinetische Theorie der Flüssigkeiten und der festen Körper.
Während für die Gase die kinetische Theorie zu einer sehr beachtens-
werten Reihe von Schlüssen geführt hat, deren Bestätigung in neuerer
Zeit uns mit einigem Vertrauen in ihre Zweckmäßigkeit erfüllen darf,
befindet sich die Entwicklung einer entsprechenden Theorie der beiden
anderen Formarten noch in ihren ersten Stufen, wenn auch einige
hoffnungsvolle Ansätze sich bemerken lassen. An dieser Stelle muß
daher zunächst die Angabe genügen, daß aus mechanischen Gründen
die durchgehende Annahme gemacht werden muß, daß die mittlere
Bewegungsenergie einer Molekel unabhängig von der Form-
art und somit gleich der eines Gases von gleicher Temperatur ist,
Die Molekeln desselben Stoffes bewegen sich also bei gleicher Tem-
peratur mit gleicher Geschwindigkeit, unabhängig von der Formart, und
nur die Beschaffenheit ihrer Wege ist verschieden.
Bei Flüssigkeiten ist der Binnendruck (S. 92), welcher bei Gasen
nur als Korrektionsglied in der Gasgleichung auftrat, die maßgebende
Eigenschaft geworden, denn er bedingt das eigene Volum der Flüssig-
keiten, wesentlich unabhängig vom äußeren Drucke. Durch ihn sind
auch die Erscheinungen der Oberflächenenergie bestimmt, ferner Kom-
pressibilität, Wärmeausdehnung usw.
Während bei Flüssigkeiten die Bewegungen der Molekeln gleich-
förmig nach allen Seiten angenommen werden müssen, da sie sich
isotrop bezüglich sämtlicher Eigenschaften verhalten, liegt bei kristalli-
nischen festen Körpern die Tatsache der gesetzmäßigen Aniso-
tropie vor, d. h. die hierzu geeigneten Eigenschaften erweisen sich
als Funktionen der Richtung gemäß den allgemeinen Gesetzen der
Symmetrie, die in der Kristallform ihren mannigfaltigsten Ausdruck
finden. Dies führt zu der Annahme, daß die Molekeln selbst
nach verschiedenen Richtungen verschiedene Eigenschaften
haben, und daß sie in Kristallen entweder parallel oder doch wenig-
stens in übereinstimmender relativer Lage (z. B. abwechselnd senkrecht
zu einander) angeordnet sind, und so die Anisotropie verursachen.
Der hieraus sich unmittelbar ergebende Schluß, daß die durch die
chemische Konstitution angedeutete Form der Molekel sich auch in
der entsprechenden Kristallform zum Ausdruck bringen müsse, hat
trotz der vielen Arbeit, die auf die Durchführung dieses Gedankens
bisher gewendet worden ist, bisher noch nicht zu einfachen und all-
gemeinen Ergebnissen geführt, wenn auch in einigen Sonderfällen sich
derartize Zusammenhänge haben erkennen lassen.