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Die strahlende Energie
583
Die Beziehung zwischen Emission und Absorption hat sich bei Gasen
am genauesten kontrollieren lassen. Sie führt zu der Erscheinung der
Umkehrung der Linien. Wird durch die vorhandenen Umstände
die Bildung eines ununterbrochenen Spektrums bei Gegenwart der be-
treffenden Gase befördert, so erscheint an Stelle der hellen Linie des
jeuchtenden Gases eine dunkle. Dies tritt ein, wenn das stetige Ge-
samtspektrum an Lichtstärke erheblich kräftiger wird als die betreffende
Einzelstrahlung. Muß dann dies Licht durch eine Schicht des Gases
gehen, so verliert es durch Absorption diese Strahlen, und die von
dem Gase ausgehende Strahlung erscheint wegen ihrer geringen Stärke
als Dunkelheit auf dem hellen Grunde des stetigen Spektrums. Im
allgemeinen kehren sich die hellsten Linien am leichtesten um, da sie
die Stellen stärkster Absorption darstellen.
Die Absorptionsspektra flüssiger oder gelöster Stoffe unterscheiden
sich wesentlich von denen bei Gasen durch den Umstand, daß niemals
scharfbegrenzte Linien auftreten, die der Absorption eines ganz engen
Gebietes entsprechen. Hier sind vielmehr die Absorptionen immer
über ein mehr oder weniger weites Gebiet verbreitet, so daß man nicht
mehr von Linien reden darf; es treten Absorptionsbanden auf.
Wegen des besonderen Interesses an den Absorptionen im sicht-
baren Gebiete, welche zu der Erscheinung der farbigen Stoffe führen,
sind diese besonders eingehend untersucht worden. Dadurch sind
unsere Kenntnisse über diesen Gegenstand einigermaßen einseitig ge-
blieben, und dies macht sich in dem Mangel allgemeiner Gesetze fühl-
bar. Allgemein kann man nur sagen, daß es sich hier um eine aus-
geprägt konstitutive Eigenschaft handelt. Von den zahlreichen orga-
nischen Verbindungen sind die einfachsten Abkömmlinge der gesättigten
Kohlenwasserstoffe für die meisten Strahlen durchlässig, und bestimmte
Absorptionen treten erst ein, wenn besondere Konstitutionsverhältnisse
dazutreten. So ist ein Gehalt an Stickstoff und das Vorhandensein
von Doppelbindungen günstig für das Auftreten von Absorption; noch
mehr sind die verschiedenen Gruppen der sogenannten zyklischen
Verbindungen die Sammelstätte absorbierender Stoffe. Diese zeigen in
den einfacheren Fällen weist die Absorption im Ultravioletten, und es bedarf
besonderer Verhältnisse, daß sie in das sichtbare Gebiet hinüberwandert.
Innerhalb nahverwandter Gruppen lassen sich auch einige besondere
Beziehungen erkennen, insofern gewisse Stoffe beim Eintritte in eine
farbige Verbindung die Absorption in bestimmtem Sinne verschieben.
So drängen Methyl oder Kohlenwasserstoffradikale, im allgemeinen
ebenso Halogene den Streifen nach der Seite der längeren Wellen,
während Amid und auch oft die Nitrogruppe sie nach den kürzeren
Wellen verschiebt. Die Beträge dieser Änderungen sind gleichfalls mit
der Konstitution veränderlich. Daraus haben sich für die Technik ge-
wisse Regeln ergeben, nach denen aus gegebenen Farbstoffen andere
von gewünschtem Tone erzeugt werden können.