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STÖCHIOMETRIE
gewiesen hat, daß die Formulierung der chemischen Verbindungen am
zweckmäßigsten nach Ableitung ihrer Gasdichten zu geschehen hat, muß
Ch. Gerhardt (1844) genannt werden. Daß die entsprechende Wahl der
Verbindungsgewichte der Elemente auch in den übrigen Gebieten der Chemie
zu einfachen und angemessenen systematischen Formen führt, hat am über-
zeugendsten Cannizzaro (1858). nachgewiesen.
Wenn wir die Molargewichte der verschiedenen Stoffe bei chemischen
Vorgängen in Rechnung bringen, so sind wir meist veranlaßt, mit bestimmten
Quantitäten zu arbeiten, und beziehen demgemaß diese ursprünglich relativ
ermittelten Zahlen auf eine bestimmte Masseneinheit. Da als solche das
Gramm dient, so betragen diese Mengen demgemäß so viel Gramm, als
das Molargewicht Einheiten hat. Man nennt diese Mengen, welche die eigent-
lich meßbaren Quantitäten bei chemischen Betrachtungen darstellen, Mole;
ein Mol Sauerstoff ist demnach die Menge von 32 g Sauerstoff, und ein Mol
Chlorwasserstoff wird durch 36:47 g dargestellt. Auf diese Größen werden
fast alle Eigenschaften der Stoffe bezogen, mit denen wir uns später zu
beschäftigen haben werden.
Aus der Angabe, daß ı g Sauerstoff im Molarzustande den Raum von
790°38 ccm einnimmt, folgt, daß 32 g Sauerstoff bei o0® und 76 cm Druck
den Raum von 22412 ccm haben. Den gleichen Raum nimmt vermöge der
Definition ein Mol jedes anderen Gases ein, das unter den gleichen Um-
ständen gemessen wird. Bei dem Drucke p und der Temperatur t°® ist der
Raum, den ein Mol irgendeines Gases oder Dampfes einnimmt, durch den
Ausdruck 22412 X 76 X (1 + @t)/p gegeben. Beziehen wir daher die all-
gemeine Gasgleichung auf je ein Mol der verschiedenen Gase, so wird in
pv= rT der Faktor eine allgemeine Konstante, die unabhängig von der
Natur des Gases oder Dampfes ist. Der Wert dieser Konstanten ergibt sich
aus dem Ausdrucke dafür: r = pjVo/273 gleich 76 X 22412/273 = 82:07,
wenn man den Druck in Zentimetern Quecksilber mißt. Mißt man ihn in
absolutem Maße, so ist statt des Faktors 76 der Wert 1013130 einzuführen,
welcher in absolutem Maße den Druck einer Atmosphäre darstellt (S. 33),
und damit wird die Konstante gleich 8:316 X 107 im Maße Erg /Temperatur-
grad. Man pflegt diesen Wert mit dem Buchstaben R zu bezeichnen, und
die Gasgleichung erlangt dadurch die Gestalt, in welcher sie später immer
verwendet werden wird. Sie bezieht sich in dieser Form stets auf ein Mol
des betrachteten Stoffes und R ist demgemäß immer 8:316 X 107.
Mit Bezugnahme auf die frühere Bemerkung, daß pv eine Energiegröße
ist, folgt, daß die bei der Entstehung von einem Mol irgendeines Gases aus-
tretende Volumenergie gleich 8316 X 107 X T Erg ist, unabhängig von
der Natur des Gases, solange es nur den Gasgesetzen folgt.
Es ist für mancherlei Rechnung bequem, den Wert von R auch in anderen
Einheiten zu kennen. Von diesen wird am häufigsten der Wert in Gravi-
tationseinheiten benutzt, wo als Einheit des Druckes ein Grammgewicht
pro cm? dient. In dieser Einheit beträgt eine Atmosphäre 1033, und da-
durch wird R=— 22412 X 1033 /273 = 84800. Wird andererseits das Volum