Full text: Grundriss der allgemeinen Chemie

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DIE VERDUNNTEN LÖSUNGEN. 
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kann allgemein sagen, daß der Zustand gelöster Stoffe mit dem der Gase 
in ausgedehntester Weise vergleichbar ist. 
Ausnahmen. Einzelne Gruppen von Stoffen, insbesondere die Salze, 
laneben auch viele Säuren und Basen, zeigen indessen Abweichungen von 
Jiesen einfachen Beziehungen. Der osmotische Druck, welchen sie ausüben, 
ist weit größer, als er nach der Molargröße sein sollte; bei Chlorkalium z. B. 
ist er fast doppelt so groß. 
Bei den Gasdichten war eine ganz ähnliche Unregelmäßigkeit in bestimmten 
Fällen, z. B. bei den Ammoniaksalzen, aufgetreten, indem die Dichte viel 
kleiner oder, was dasselbe ist, der Druck viel größer gefunden wurde, als 
ihr Wert nach der Theorie sein sollte. Dort wurden die Abweichungen da- 
durch erklärt, daß man die fraglichen Stoffe als dissoziiert, d. h. in ein- 
fachere Stoffe zerfallen erkannte; an Stelle der durch die Formel ausgedrückten 
Verbindung waren mehrere Mole der Zerfallprodukte vorhanden, und daher 
war der Druck in demselben Verhältnis größer, 
Es liegt nahe, hier eine ähnliche Erklärung anzunehmen, d.h. die frag- 
lichen Stoffe, welche eine derartige Abweichung zeigen, gleichfalls in ihren 
Lösungen als dissoziiert anzusehen. Es wird später gezeigt werden, daß 
diese Annahme in der Tat wohlbegründet ist, und nicht nur diese, sondern 
sine große Anzahl anderer Erscheinungen befriedigend erklärt. 
Diffusion. Die Erkenntnis der Tatsache, daß zwischen zwei verschieden 
konzentrierten Lösungen desselben Stoffes ein Druck, der osmotische, herr- 
schen muß, war zunächst daraus abgeleitet worden, daß sich der gelöste 
Stoff freiwillig aus dem Gebiete größerer Konzentration in das der geringeren 
begibt. Durch die Verhinderung dieser Bewegung kam die Möglichkeit 
einer unmittelbaren Messung des osmotischen Druckes zustande... Um- 
gekehrt läßt sich eine Theorie dieser Bewegungen auf Grund des Begriffes 
des osmotischen Druckes entwickeln, und bietet durch den Vergleich mit 
der Erfahrung eine weitere Prüfung für die Brauchbarkeit jenes Begriffes 
(Nernst 1888). 
Denken wir uns zwei Lösungen aneinander grenzend, in denen die Os- 
motischen Drucke p, und pz herrschen. Dann wird der gelöste Stoff mit 
dem Drucke p = p1 — Pa aus der konzentrierten Lösung in die verdünntere 
getrieben. Die Geschwindigkeit dieser Bewegung ist proportional dem Druck- 
unterschiede p und einem Koeffizienten, der eine Art Reibung, d. h. einen 
Energieverbrauch darstellt. Denn die Geschwindigkeit der Bewegung ist 
so gering, daß die Bewegungsenergie stets verschwindend klein bleibt, und 
die ganze Arbeit in Wärme verwandelt wird. 
Man erhält ein Maß dieser Eigenschaft, der Diffusionskonstanten, 
wenn man sich an den Enden eines Zylinders von ı cm? Querschnitt. und 
1 cm Länge den Konzentrationsunterschied Eins hergestellt und erhalten 
denkt, und nun die Stoffmenge mißt, welche in der Zeiteinheit, einer Se- 
kunde, durch den Zylinder tritt. Und zwar gilt diese Definition, nachdem 
sich ein dauernder Zustand im Zylinder herausgebildet hat. Alsdann nimmt 
die Konzentration proportional der Länge, von dem Ende der höheren Kon-
	        
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