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STÖCHIOMETRIE
geteilte Thermometer für alle vorkommenden Temperaturen anwendbar zu
machen. Um das Sieden regelmäßiger zu machen, ist das Gefäß A zum
Teil mit Granaten oder Platinschnitzeln gefüllt. K, ist ein Kühler be-
liebiger Form, der den Dampf des Lösungsmittels verflüssigt und der
Hauptmenge wieder zuführt.
Um die Temperatureinstellung von der Umgebung unabhängig zu machen,
ist das Siedegefäß in den Siedemantel B gestellt, in dessen Innerem sich
stwas von dem Lösungsmittel befindet. Durch den aus Asbestpappe ge-
fertigten Heizkasten C wird die Wärme so zugeleitet, daß in beiden Räumen
kräftiges aber ruhiges Sieden stattfindet.
Man beschickt zuerst das Siedegefäß mit einer gewogenen Menge des
Lösungsmittels und beobachtet an dem zusammengestellten Apparate den
Siedepunkt, bis er konstant ist. Dann wird durch den Kühler K, (nötigen-
falls durch den Stutzen selbst) der Stoff hineingebracht, worauf man bald
die eingetretene Erhöhung des Siedepunktes beobachten kann. Durch Ein-
bringen weiterer Mengen kann man die Bestimmung auf höhere Konzen-
trationen ausdehnen.
In manchen Fällen kann man von dem Satz Gebrauch machen, daß in
Gasen der Dampfdruck ebenso groß wie im leeren Raume ist. Leitet man
z. B. einen Luftstrom durch die Lösung, und sodann durch das reine Lösungs-
mittel, so wird: der Gewichtsverlust der ersteren zu dem des zweiten sich
verhalten wie f’:f-— f’, indem die Luft sich beim Durchstreichen durch die
Lösung mit dem Dampfe bis zum Druck f’ sättigt, und diese teilweise ge-
sättigte Luft aus dem reinen Lösungsmittel noch so viel desselben auf-
nimmt, bis sie zu dem Drucke ff gesättigt ist. Bestimmt man noch die Ge-
samtmenge des mitgeführten‘ Dampfes, so ist derselbe proportional dem
Dampfdruck f des Lösungsmittels.
Handelt es sich um wäßrige Lösungen, so kann man auch die Methoden
der Hygrometrie zur Bestimmung der verhältnismäßigen Feuchtigkeit
anwenden, .
Was die Allgemeingültigkeit des oben (S. 196—199) ausgesprochenen Ge-
setzes anlangt, so machen sich hier ganz dieselben Ausnahmen geltend,
deren Vorhandensein bei dem Gesetze für den osmotischen Druck hervor-
gehoben wurde. Alle Stoffe, welche letzteren zu groß ergaben, und für welche
daher ein Dissoziationszustand, ein Zerfallen in einfachere Molekeln an-
genommen . werden mußte, zeigen ganz die gleiche Abweichung in bezug
auf die Dampfdrucksverminderung. Das Verhältnis zwischen dem tatsäch-
lichen osmotischen Drucke und dem theoretischen ist gleich dem Verhältnis
zwischen der tatsächlichen Dampfdrucksverminderung und der theoretischen.
Dieser Umstand ist eine kräftige Stütze für die Richtigkeit der Annahme,
daß die Ursache der Abweichungen dem gelösten Stoffe und nicht etwa dem
Lösungsmittel zuzuschreiben ist.
Theorie der Dampfdruckverminderung. Angesichts des vollkommenen
Parallelismus beider Erscheinungsreihen, der osmotischen Drucke und der