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STÖCHIOMETRIE
verdünnten Lösungen der Salze im Gegenteil eine auffällige Unabhängig-
keit der Eigenschaften ihrer einzelnen Bestandteile von der Natur der
anderen. So haben alle verdünnten Lösungen von Nickelsalzen dieselbe
grüne Farbe; eine genauere Untersuchung der Farbstärke zeigt sogar, daß
diese gleich ist, wenn gleiche Mengen Nickel vorhanden sind, unabhängig
davon, mit welcher Säure das Nickel verbunden ist. Ebenso kann man
an allen löslichen Bichromaten oder Permanganaten dieselbe Färbung be-
obachten, und die Natur des Metalles hat darauf nicht den geringsten
Einfluß.*)
Was hier für die Farbe gesagt worden ist, findet auf alle anderen Eigen-
schaften der Salzlösungen Anwendung. In einer noch etwas unvollkom-
menen Gestalt ist diese Tatsache von Valson (1874) an den spezifischen
Gewichten äquivalenter Salzlösungen beobachtet und in das sogenannte
Gesetz der ‚„„‚Moduln‘‘ gefaßt worden.
Ordnet man die spezifischen Gewichte verschiedener Lösungen, welche
auf gleich viel Wasser äquivalente Mengen verschiedener Salze enthalten,
in eine Tabelle so ein, daß alle Salze mit gleicher Basis in je eine senkrechte,
alle Salze mit gleicher Säure in.je eine wagerechte Reihe kommen, so zeigen
sich die Unterschiede entsprechender Glieder der Reihen nach beiden Rich-
tungen konstant. Daraus geht hervor, daß das spezifische Gewicht äqui-
valenter Salzlösungen sich aus zwei Gliedern additiv zusammensetzten, von
den das eine nur von der Säure, das andere nur von der Basis abhängt.
Valson wählte eine normale Chlorammoniumlösung (53:5 g im Liter),
leren spezifisches Gewicht 1:°015 ist, als Ausgangspunkt, und bestimmte
dazu folgende Addenden (in Einheiten der dritten Stelle) zur Berechnung
der spezifischen Gewichte der anderen Lösungen:
Kalium
Natrium
Calcium
Magnesium
Strontium
Barium fs
Mangan 23
Eisen
Zink
Kupfer
Cadmium
Blei .
Silber 105
Chlor 0
Brom 34
Jod 64
Sulfate 20
Nitrate 15
Carbonate 14
Bicarbonate 16
Ammonium 0
Um z. B. die Dichte einer normalen Calciumnitratlösung zu erhalten, hat
man zu 1:°015 die Konstante 27 für Calcium und 15 für Salpetersäure zu
addieren, woraus sich 1:°057 ergibt, nahe übereinstimmend mit dem Ver-
suche,
Außer den eben erwähnten Eigenschaften haben sich bisher auch alle
anderen, die man daraufhin untersucht hat, dem gleichen Gesetz unter-
worfen gezeigt: die Eigenschaften der Salzlösungen setzen sich
aus zwei Summanden zusammen, von denen der eine nur von
dem Metall (oder dem metallähnlichen Radikal, wie Ammonium)
') Einige scheinbare Ausnahmen werden später ihre Erklärung finden.