DIE CHEMISCHE KONSTITUTION 25I1
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verschieden stark gebrochen werden. Man muß daher die Brechungskoef-
fizienten für bestimmte Lichtstrahlen messen. Die für diesen Zweck zu-
meist angewendeten Lichtarten sind in der nachstehenden Tabelle mit ihren
Wellenlängen in Milliontel-Millimetern verzeichnet.
Lithium (rot) 670°6
Wasserstoff (rot) 656°2
Natrium (gelb) 5855 und 588:9
Thallium (grün) 5345
Wasserstoff (grün) 4860
Wasserstoff (violett) 434°0
Der Brechungskoeffizient einer gegebenen Flüssigkeit ist außer von der
Natur des Lichtes noch von der Temperatur abhängig, und zwar nimmt
er im allgemeinen mit steigender Temperatur ab. Ebenso ändert er sich,
wenn man durch Änderung des äußeren Druckes das spezifische Volum
der Flüssigkeit ändert. Es muß daher gefragt werden, ob es nicht eine
Funktion des Brechungskoeffizienten gibt, welche den Einfluß des Stoffes
auf die Lichtgeschwindigkeit, unabhängig von dem Raume, auf welchen
der Stoff verteilt ist, zur Darstellung bringt.
Solcher Formeln sind im Laufe der Zeit mehrere vorgeschlagen worden.
Zuerst hat Newton auf Grund seiner Emissionstheorie des Lichtes den
Ausdruck (n? — ı)/d, wo d die Dichte ist, entwickelt. Durch die Undulations-
theorie wurde dieser Formel der theoretische Boden entzogen; daß sie auch
empirisch sich nicht halten ließ, wurde durch Gladstone und Dale er-
wiesen. Die letzteren zeigten gleichzeitig (1858), daß die ähnlich gebildete
aber einfachere Funktion (n — ı)/d in viel höherem Maße bei wechselnden
Temperaturen konstant bleibe, und schlossen daher, daß sie als das eigent-
liche Maß des Brechungsvermögens anzusehen sei.
Bei der Prüfung dieser Formel, die bald darauf durch Landolt und andere
erfolgte, erwies sich, daß sie zwar mit ziemlich guter Annäherung, nicht
aber vollständig konstante Werte gab. Eine theoretische Begründung für
sie wurde nicht aufgestellt. -
Bei dem Versuche, eine theoretisch begründete Formel, wenn auch auf
teilweise hypothetischem Boden zu finden, gelangten zwei Forscher,
L. Lorenz und H. Lorentz (1880), zu dem gleichen Ausdrucke (n? — 1)/
(n* + 2)d = const., welcher somit das gesuchte absolute Maß der Brechung
darstellen ’sollte. Da die eine Ableitung auf den Voraussetzungen der ela-
stischen Äthertheorie des Lichtes, die andere auf der elektromagnetischen
Lichttheorie beruhte, so war durch diese Übereinstimmung ganz verschieden-
artiger Entwicklungen eine Wahrscheinlichkeit dafür gegeben, daß das Er-
gebnis allgemeinere Bedeutung habe, als sie ihm vermöge der benutzten
einzelnen Grundlagen zukam.
Die Bedeutung solcher Formeln ist, daß die entsprechenden Ausdrücke
ein Maß des Einflusses der Stoffe auf die Lichtgeschwindigkeit darstellen
sollen, welches nur von der Beschaffenheit des Stoffes. nicht aber von seinen