Full text: Grundriss der allgemeinen Chemie

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DIE CHEMISCHE KONSTITUTION 253 
gültig ist, daß die Molekeln des betrachteten Stoffes kugelförmig sind. Sind 
sie es nicht, so ändert sich die Zahl, so daß die allgemeine Formel die Ge- 
stalt Str hat. Man kann deshalb so verfahren, daß man aus den unter 
verschiedenen Bedingungen beobachteten Brechungskoeffizienten einer und 
derselben Flüssigkeit die Größe k berechnet, für welche die Refraktions- 
funktion konstant wird, und den so erhaltenen Wert zu Schlüssen über 
die allgemeine Gestalt der Molekeln benutzt. Auf solche Weise hat in neuerer 
Zeit Wiener bemerkenswerte Ergebnisse gefunden. Für die alsbald zu be- 
sprechenden stöchiometrischen Zwecke ist übrigens die Entscheidung für 
die eine oder die andere Formel ohne großen Belang, da die gefundenen 
Beziehungen sich nach beiden ganz übereinstimmend gestalten; die Zahlen- 
werte sind zwar verschieden, die allgemeinen Regelmäßigkeiten dagegen 
bleiben bestehen. 
Ehe indessen hierauf eingegangen werden kann, muß bedacht werden, 
daß der Zahlenwert der Brechungskonstanten noch von der Wellenlänge 
des Lichtes abhängt, für welches die Brechung bestimmt worden ist. Denn 
der Brechungskoeffizient wird meist um so größer, je kleiner die Wellenlänge 
ist, und zwar in verschiedenem Maße bei verschiedenen Stoffen; es ist mit 
anderen Worten die Dispersion für verschiedene Stoffe verschieden. Wäre 
sie dem Brechungskoeffizienten proportional, wie Newton angenommen 
hatte, so könnte dieser Einfluß dadurch eliminiert werden, daß man alle 
Werte auf irgendeine bestimmte Wellenlänge bezöge, da der Übergang auf 
irgendeine andere durch einen konstanten Faktor zu bewirken wäre. Doch 
ist eine solche einfache Beziehung keineswegs vorhanden, und es ist daher 
die Frage vielfach erörtert worden, wie die hierin liegende Mannigfaltigkeit 
zu bewältigen ist. 
Zuerst hatte Schrauf (1862) vorgeschlagen, statt irgendeiner bestimmten 
Wellenlänge die Konstante A der Dispersionsformel von Cauchy 
n= A + + T + zu benutzen, wo X die Wellenlänge ist, und in 
welcher gür = So der Brechungskoeffizient n= A wird, und der Vor- 
schlag war auch vielfach befolgt worden. Es schien in der Tat rationell, 
statt mit dem Brechungskoeffizienten für irgendeine Wellenlänge mit dem 
für unendlich lange Wellen zu rechnen. Doch ergab sich, daß die erwähnte 
Formel die Dispersion gar nicht genügend darstellt; je nach den benutzten 
Beobachtungen erhielt man verschiedene Werte für A, und wie insbesondere 
durch Messungen im ultraroten Spektrum wahrscheinlich gemacht wurde, 
strebt der Grenzwert des Brechungskoeffizienten keinem bestimmten Werte zu. 
Man ist daher zu der Benutzung eines bestimmten Strahles zurück- 
gekehrt, und bezieht die Werte meist auf die rote Wasserstofflinie mit der 
Wellenlänge von 656-2 Milliontel-Millimeter, oder die Natriumlinie, die mit 
der D-Linie des Sonnenspektrums zusammenfällt. 
Der Übergang auf stöchiometrische Berechnungen wird erzielt, wenn 
man die auf die Masseneinheit (durch die Dichte) bezogene Brechungs-
	        
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