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STÖCHIOMETRIE
Konstante mittels Multiplikation mit dem Molargewicht m auf chemisch
vergleichbare Mengen bezieht. Man erhält dadurch die Molarrefraktion
R=m(n-— ı)/d und R, = m(n? — ı)/(n? + 2)d, und die erste Frage,
die sich erheben läßt, ist die nach den Beziehungen der Molarrefraktionen
chemisch vergleichbarer Stoffe, insbesondere nach der Beziehung zwischen
den entsprechenden Werten der Verbindungen und ihrer Elemente.
Solche Fragen sind zuerst (1856) von Berthelot unter Benutzung der
unzulänglichen Newtonschen Formel aufgeworfen worden, und es hatte
sich dort bereits ergeben, daß es sich um eine im wesentlichen additive Eigen-
schaft handelt. Mit Benutzung der Gladstoneschen Formel hat dann
Landolt (1864) an einem sehr umfassenden und sorgfältig bestimmten
Material gezeigt, daß sich für bestimmte Stoffklassen in der Tat ein additives
Schema in recht gutem Anschlusse an die Erfahrung durchführen läßt.
Der Weg, den die Forschung hier genommen hat, ist völlig übereinstimmend
mit dem, den Kopp bei der Erforschung der Molarvolume gegangen ist.
Es wurde zuerst nachgewiesen, daß gleichen Unterschieden der chemischen
Zusammensetzung gleiche Unterschiede der Molarrefraktion entsprechen,
und daran schloß sich der Versuch, für die Elemente Atomrefraktionen zu
bestimmen, durch deren Summierung unter Multiplikation mit den Atom-
koeffizienten sich die Molarrefraktion ergab. Ist R die Molarrefrakticn
einer Verbindung, deren Elemente die Atomrefraktionen Rı, R,, Rs...
haben und mit den Zahlen n,, n,, nz... in der Verbindung enthalten sind,
so gilt die allgemeine Formel:
R=niRı+1n,R, + n3Rı +...
Auf diese Weise sind besonders von Landolt viele organische Verbin-
dungen der Fettreihe untersucht worden, wobei es sich ergab, daß die Formel
sich den Tatsachen zwar nicht absolut, doch mit ziemlich guter Annäherung
anschließt. Einflüsse von der Art, wie sie Kopp bei der verschiedenen Bin-
dung des Sauerstoffs beobachtet hatte, ließen sich hier gleichfalls erkennen,
wurden aber zunächst nicht eingehender verfolgt.
Aus seinen Messungen hatte Landolt unter Benutzung der Formel von
Gladstone die Atomrefraktionen C = 5:00, H = 1°30, O0 = 3:00 berechnet.
Die Anwendung ergibt sich aus einem Beispiel. Für Äthylalkohol, C,H,O,
wurde d = 0:8011, n = 1°361 gefunden. Da m= 46 ist, so ergibt sich
m(n— ı1)/d = 20:70, während die Summe der Atomrefraktionen 20:80 be-
trägt. Die Übereinstimmung liegt innerhalb 1/, %.
Während bei diesen ersten Arbeiten der Nachweis der additiven Gesetz-
mäßigkeiten im Vordergrunde stand, stellte sich doch trotzdem heraus, daß
diese nicht allein tätig sind. Nachdem bereits Gladstone und Landolt
einzelne abweichende Fälle nachgewiesen hatten, zeigte Brühl (1880), daß
insbesondere eine konstitutive Eigentümlichkeit, die sogenannte doppelte
Bindung des Kohlenstoffs, große und regelmäßige Abweichungen von dem
ursprünglichen Schema bewirkt. Derartige Stoffe zeigen stets eine größere
Molarrefraktion, als sich aus den Einzelwerten berechnet, und man muß