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THERMOCHEMIE
frei. wird. Es ist dies. ein einzelner, und zwar besonders ‚einfacher Fall des
allgemeinen Energiesatzes. ;
Gesetz der konstanten Wärmesummen. Durch G. H. Heß würde (1840)
für thermochemische Vorgänge der erste Energiesatz zuerst in seinem ganzen
Umfange als das Gesetz der konstanten Wärmesummen ausgesprochen.
Dasselbe besagt, daß für die Wärmeentwicklung bei chemischen Vorgängen
nur der Anfangs- und der Endzustand maßgebend ist; sind diese gegeben,
so ist damit auch die Wärmeentwicklung gegeben. welches auch die Zwi-
Schenzustände seien.!)‘
Entsprechend unseren gegenwärtigen Vorstellungen ist mit jedem Zu-
starfde eines Gebildes ein bestimmter Wert seiner Eigenenergie verknüpft,
indem das, was wir den ‚Zustand‘ nennen, eben durch die Art und Menge
der vorhandenen Energie gegeben ist. Zwei verschiedenen Zuständen ent-
sprechen‘ daher zwei: verschiedene Energiegrößen, und die Differenz der
beiden muß ab- oder zugeführt werden, wenn das Gebilde aus dem einen
Zustande‘ in den anderen übergehen soll. In welchen Anteilen diese Ab-
oder Zufuhr geschieht, ist daher für den schließlichen Wert gleichgültig,
was den gesamten Energieunterschied betrifft. Wohl aber hängt es von
dem Wege des Überganges ab, in welchen Formen der Energieunterschied
aufgenommen oder abgegeben wird.
Heß hat seinen Satz als eine Folgerung aus der Erfahrung, mit vollem
Bewußtsein indes seiner Tragweite aufgestellt. Er prüfte ihn auf verschiedene
Weise, indem er einen und denselben chemischen Vorgang auf verschiedene
Weise in Teilvorgänge zerlegte und deren Wärmeentwicklung einzeln maß.
Die Summe erwies sich dann immer gleich groß, wie auch die Zerlegung vor-
genommen war, Aus seinen. Zahlen sei die folgende Tabelle angeführt:
H,50, e
H;S0, + H,O 77:8
H,50, + 2H,0 1164
H,; SO, + 5H,0 155°6
Summe
+ 2NNz; (gelöst) 5958 595:8
„ 518°9 596:7
nr 480:5 597°2
446°5 6018
Die erste Zahlenreihe stellt die Wärmemengen dar, welche bei der Ein-
wirkung von Schwefelsäure auf ı, 2 und 5 Mole Wasser frei werden, die
zweite die Wärmemengen, welche die so verdünnten Schwefelsäuren beim
Neutralisieren mit Ammoniak geben. Die Summe beider ist sehr annähernd
konstant,
Die Bedeutung dieses Satzes für die Methodik der Thermochemie ist
sehr groß und von Heß vollständig erkannt worden. Er gestattet, die
Wärmemengen solcher Vorgänge zu berechnen, welche direkt
nicht meßbar sind, indem man sie als Glieder einer Summe darstellt,
*) Dieses Gesetz gilt streng nur in dem Falle, daß alle Vorgänge bei konstanter Intensität
der äußeren Energien (Druck, Temperatur) erfolgen. Praktisch pflegt die Bedingung bei
thermochemischen Arbeiten genügend erfüllt zu sein.
Wi, Ostwald, Grundriß. x. Aufl.