CHEMISCHE THERMODYNAMIK
Wegen dieser einfachen Gestalt der Rechnung pflegt man für die verschie-
denen chemischen Verbindungen die Bildungswärme zu ermitteln, um sie
weiteren Rechnungen zugrunde zu legen. Auch in den weiter unten folgen-
den Zusammenstellungen sind die Bildungswärmen vorzugsweise angegeben.
Technik. Was nun die Ausführung thermochemischer Versuche anlangt,
50 lassen sich, trotz der Mannigfaltigkeit der von verschiedenen Forschern
benutzten Methoden und Apparate, doch einige allgemeine Angaben auf-
stellen. Denn von den zahlreichen Reaktionen der Experimentalchemie
eignet sich nur eine relativ geringe Anzahl zu thermochemischen Messungen,
nämlich fast nur solche, welche in der kurzen Zeit einiger Minuten bei ge-
wöhnlicher Temperatur verlaufen. Dahin gehören vor allem die verschie-
denen Vorgänge der Salzbildung in wässerigen Lösungen, sowie alle Lösungs-
und Verdünnungsvorgänge.
Eine zweite Klasse von thermochemischen Vorgängen sind die lebhaften
Verbrennungen, welche dadurch, daß man sie in einem allseitig geschlossenen,
von Wasser umgebenen Raume stattfinden läßt, gleichfalls der Messung be-
Juem zugänglich werden. Auf diese beiden Formen läßt sich die größte
Zahl der thermochemischen Experimente zurückführen.
Für thermochemische Messungen in wässeriger Lösung bedient man sich
gläserner oder metallener Kalorimeter, am besten solcher von Platin.
Handelt es sich um die Auflösung eines festen, flüssigen oder gasförmigen
Stoffes in der Flüssigkeit des Kalorimeters, so besteht der Versuch darin,
daß man den Stoff möglichst auf die Temperatur des Kalorimeters bringt
und dann den Vorgang einleitet. Durch einen Rührer wird für gleichförmige
Verteilung der Stoffe wie der Wärme gesorgt. Dieser hat gewöhnlich die
Form einer horizontalen Platte, die für den Durchgang des Thermometers usw.
passend durchbrochen ist, und wird senkrecht auf und ab bewegt.
Wenn die Reaktion zwischen zwei annähernd gleichen Flüssigkeitsmengen
stattfinden soll, so muß die Temperatur jeder im Augenblicke der Ver-
mischung genau gemessen sein. Thomsen ordnet in diesem Falle über
dem Kalorimeter ein kleineres Gefäß an, welches mit Rührer und Thermo-
meter ausgestattet wird, wie das Kalorimeter, und läßt, nachdem die Tempe-
ratur beiderseits abgelesen ist, durch ein Ventil im Boden des oberen Ge-
fäßes die Flüssigkeit in das untere strömen. Berthelot bringt die eine
Flüssigkeit wie Thomsen in das Kalorimeter, die andere dagegen in einen
dünnwandigen, breithalsigen Kolben, welcher innerhalb eines Schutzzylinders
von innen versilbertem und poliertem Kupferblech steht. Nachdem die
Temperatur festgestellt ist, wobei das Thermometer, als Rührer dient, wird
der Kolben mit einer hölzernen Zange erfaßt und in das Kalorimeter entleert.
Verbrennungskalorimeter. Das Kalorimeter zu Verbrennungen fester,
flüssiger oder gasförmiger Körper in Gasen hat eine allmähliche Ausbildung
von der unvollkommenen Gestalt, die es bei Dalton, Davy und Rum-
ford besaß, durch Dulong, Despretz und namentlich Favre und Silber-
mann erhalten. Es besteht aus einem mit Wasser gefüllten Zylinder, in
welchem die Verbrennungskammer eingesenkt ist; eine Anzahl Röhren,
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