THERMOCHEMIE
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stoffe sei K, die der Produkte K’. Dann muß nach dem ersten Hauptsatze
der Energieunterschied derselbe sein, auf welchem Wege man auch die
Reaktion ausführt. Wir lassen ‘sie einerseits bei t, stattfinden und haben die
Wärmetönung Q,. Dann erwärmen wir die Ausgangsstoffe von t, auf t,,
welche dabei die Wärme K(t; — t,) aufnehmen. Bei t, findet die Reaktion
statt und ergibt Q,. Die Produkte werden auf t, abgekühlt und geben dabei
die Wärme K'’(t; — t,) ab. Die Summe muß gleich Q, sein, da beiderseits
der Anfangs- und der Endzustand gleich ist. Es ist also: _
Q2 = 8ı + (K — K’)(t; — t,),
welches die gesuchte Formel ist. Sie ist zuerst von Kirchhoff aufgestellt
worden.
Die Messung der spezifischen. Wärmen erfolgt nach den allgemeinen
kalorimetrischen Methoden, indem man die Temperaturanstiege beobachtet,
welche durch bestimmte Wärmezufuhren hervorgerufen werden. Bei den
Aufgaben der Kalorimetrie handelt es sich aber darum, aus der Temperatur-
änderung und der als bekannt vorausgesetzten spezifischen Wärme die
Wärmemengen zu berechnen, während umgekehrt in dem vorliegenden
Fall aus der Temperaturänderung und der als bekannt vorausgesetzten
Wärmemenge die spezifische Wärme berechnet werden soll. Hier gibt es
grundsätzlich zwei verschiedene Verfahren, welche auch entsprechend zwei
verschiedene Werte ergeben, nämlich die wahre spezifische Wärme oder
das Verhältnis dQ/dt zwischen einer sehr kleinen zugeführten Wärmemenge
dQ und der dadurch bewirkten Temperaturerhöhung dt für die Gewichts-
einheit der untersuchten Substanz, oder aber die mittlere spezifische
Wärme in einem größeren Temperaturintervall oder das Verhältnis Q /(t,—t,)
siner größeren Wärmemenge Q zu der entsprechenden Temperaturänderung
t2 — t,, welche nicht mehr. so klein ist, daß innerhalb des Gebietes die spe-
zifische Wärme als konstant betrachtet werden kann.
Ein Beispiel für den ersten Fall bietet die Methode dar, welche ]J. Thomsen
für die Messung der spezifischen Wärmen verdünnter Lösungen anwen-
dete, wie er sie bei seinen thermochemischen Experimenten benutzte. Die
fragliche Flüssigkeit wurde in größerer Menge; z. B. ein Liter, in ein Kalori-
meter gefüllt, in dessen Innern eine Verbrennungskammer von Platin an-
gebracht war, in welcher eine genau gemessene Menge Wasserstoff ver-
brannt wurde. Aus der verbrannten Wasserstoffmenge läßt sich, da die
Verbrennungswärme dieses Elementes bekannt ist, die zugeführte Wärme-
menge dOQ berechnen, und die gleichzeitig beobachtete Temperaturerhöhung
dt gab die andere Größe, welche erforderlich ist, um die wahre spezifische
Wärme zu berechnen. Ein Beispiel für das zweite Verfahren ist andererseits.
von Marignac angegeben worden, der die zu untersuchende Flüssigkeit
in einen zylindrischen Kolben nach Art eines großen Thermometers ein-
Schloß, sie auf eine bekannte höhere Temperatur, meist 100°% erwärmte
und dann in dem Wasser des Kalorimeters abkühlte, dessen Temperatur-
erhöhung genau gemessen wurde. Hierdurch ergab sich die gesamte Wärme-