Full text: Grundriss der allgemeinen Chemie

540 
KOÖLLOIDCHEMIE 
änderungen erleiden; durch die sie ihre Löslichkeit verlieren und nicht mehr 
ausgewaschen werden können. Solche Änderungen sind natürlich für die 
Färberei besonders wertvoll und man sucht sie herzustellen oder zu befördern. 
Sie haben zu dem noch. immer fortwährenden Streit über die Frage Anlaß 
gegeben, „ob die Färbung ein chemischer oder physikalischer Vorgang sel‘. 
Da beide Fälle sich gegenseitig nicht ausschließen, ist die Fragestellung in 
dieser Form von vornherein verfehlt. Aber auch insofern ist sie verfehlt, 
als gerade in diesem Gebiete der Unterschied beider Fälle unbestimmt und 
schwankend ist, da er von einigermaßen willkürlichen Definitionen abhängt. 
Bestimmter ist die Fragestellung, ob die Färbung ein reiner Adsorptions- 
vorgang ist, oder ob andere Vorgänge auch eine Rolle spielen. Die Antwort 
lautet unzweifelhaft dahin, daß es sowohl Färbungen gibt, die auf reiner 
Adsorption beruhen, wie auch andere und zahlreichere, bei denen noch 
weitere Faktoren mitwirken. Sache der Wissenschaft ist es, diese Faktoren 
ıach ihren Gesetzen einzeln aufzudecken. 
Die Oberfläche der Lösungen. Flüssige Lösungen erfahren in ihrer 
Oberfläche außer der Energieaufnahme zufolge der Bildung einer Grenzfläche 
gegen ihren Dampf noch eine weitere Änderung, die sich in einer anderen 
Zusammensetzung der Oberfläche im Verhältnis zum Inneren ausspricht. 
Denn wenn man sich zunächst eine Oberfläche von der gleichen Zusammen- 
setzung gebildet denkt, so wird diese im allgemeinen nicht im Gleichgewicht 
mit dem Innern sein. Ist insbesondere einer der Bestandteile der Lösung 
ein Stoff mit sehr kleiner Oberflächenspannung, so wird die Energie der 
Oberfläche kleiner, wenn durch den Eintritt eines Überschusses dieses Stoffes 
die Spannung entsprechend vermindert wird. Offenbar wird.ein solcher Stoff 
so lange in die Oberfläche treten, bis die Arbeit, welche erforderlich ist, ihn 
der Lösung zu entziehen, gerade aufgewogen wird durch die Arbeit, welche 
durch die entsprechende Verminderung der Oberflächenspannung gewonnen 
wird. Es wird also eine allgemeine Tendenz bestehen, daß Stoffe geringer 
Oberflächenspannung in die Grenzfläche treten, auch wenn sie in geringer 
Menge anwesend sind, sich dort verhältnismäßig konzentrieren und die 
Spannung entsprechend vermindern. Umgekehrt wird aber ein Stoff mit 
zroßer Oberflächenspannung, wenn er in kleiner Menge neben anderen geringer 
Spannung vorhanden ist, keinen Einfluß auf die Spannung der Lösung 
ausüben, denn er kann nicht in die Oberfläche gehen, weil er die Spannung 
vermehren würde und hierzu ein Energieaufwand erforderlich wäre, der nicht 
zur Verfügung steht, weil auch die Fortschaffung aus der Lösung Arbeit 
erfordert und nicht etwa welche liefert (W. Gibbs 1874). 
Die Erfahrung bestätigt diese allgemeine Betrachtung durchaus. Wasser 
ist ein Stoff mit großer Oberflächenspannung, und es ist seit langem bekannt, 
daß sehr geringe Mengen von Verunreinigungen mit kleiner Oberflächen- 
spannung einen sehr bedeutenden Einfluß darauf haben. Bestimmungen 
dieser Größe an. Wasser und wässerigen Lösungen galten daher als besonders 
schwierig ausführbar; diese Schwierigkeiten verlieren sich indessen, wenn man 
die Oberfläche häufig erneut und sie gegen Verunreinigungen sachgemäß schützt.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.