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KOLLOIDCHEMIE
Betrag der Gesamtkonzentration gleich dem der Volumkonzentration setzen.
Erst wenn es sich um sehr dünne Blätter, Fäden oder Staub handelt, wo eine
Dimension (bzw. zwei oder drei) sehr klein gegen die anderen wird, gewinnt
die spezifische Oberfläche einen genügend großen Wert, um ihre Konzen-
trationsverschiedenheit zur Geltung zu bringen. In der oben gegebenen
Gleichung ist gewöhnlich W, gegen W, so klein, daß es praktisch gleich
Null gesetzt werden darf.
Diese Definition der Oberflächenkonzentration hat die notwendige Eigen-
schaft, daß sie keinerlei Kenntnis von der Stoffverteilung in der Grenzfläche
voraussetzt. Es ist natürlich, daß der Konzentrationsunterschied nicht auf
eine mathematische Ebene reduziert sein kann, und es ist wahrscheinlich,
daß die Eigenschaften der Oberfläche stetig in die Eigenschaften des Inneren
übergehen, so daß eine scharf abgesetzte Oberflächenschicht vermutlich über-
haupt nicht vorliegt. Andererseits ist experimentell bekannt, daß die anders-
artige Beschaffenheit der Oberfläche sich nur in sehr geringe Tiefen hinein
geltend macht; dies geht u. a. daraus hervor, daß die Oberflächenspannung
von Seifenlamellen bis zu sehr dünnen Schichten von ihrer Dicke unab-
hängig ist. Solange dies aber der Fall ist, hat diese Dicke offenbar noch
nicht das veränderliche Gebiet erreicht, und letzteres ist dünner, als die
halbe Dicke der Lamelle, welche ja beiderseits Grenzflächen trägt. Die
Dimensionen, innerhalb deren sich dieser Übergang aus der Grenzschicht in
das gleichförmige Innere vollzieht, liegen vermutlich etwas oberhalb der
S. 93 berechneten Dicke der kapillaren Grenzschicht reiner Flüssigkeiten,
nämlich rund 1078 cm.
Die Konzentrationsformel. Wir stellen uns eine Lösung begrenzt von
einer so großen Fläche vor, daß in dieser die Gewichtseinheit des gelösten
Stoffes infolge der Oberflächenkonzentration enthalten ist. Diese Oberfläche
betrage W und ihre Spannung g. Durch den Transport einer sehr kleinen
Menge des gelösten Stoffes in die Oberfläche nehme die Spannung um dg ab;
die Energieänderung durch diesen Vorgang beträgt W-dg.
Diese Energie muß gerade ausreichen, um die Arbeit zu decken, welche
für die Entfernung der gleichen Stoffmenge aus dem Inneren des Stoffes
erforderlich ist, und welche v-dp beträgt, wo v das Volum der Gewichts-
einheit und dp die durch jene Entfernung bedingte Druckänderung bedeutet.
Nimmt man die Gesetze der verdünnten Lösungen als gültig an, so ist das
Volum für ein Mol gleich RT/p, für die Gewichtseinheit also gleich RT/mp,
wo m das Molargewicht und p den osmotischen Druck bedeutet. Die Summe
beider Energieänderungen muß gleich Null sein, es ist also:
W -dg + RT - dp/mp = 0 oder: dg/dp = — RTWmp.
Da dp proportional der Konzentration ist, so gibt diese Formel eine Be-
ziehung zwischen der Volumkonzentration und der Oberflächen-
spannung, die in ihrer Form ganz ähnlich ist den Beziehungen zwischen
Dampfdruck und Temperatur (S. 88) oder elektromotorischer Kraft und
Temperatur (S. 471). Zu ihrer Prüfung ist außer der Messung der Änderung