Full text: Grundriss der allgemeinen Chemie

SPEZIELLE KOLLOIDCHEMIE 543 
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der Oberflächenspannung mit der Volumkonzentration der Lösung nur noch 
die Kenntnis von W, der Fläche, in welcher die Einheit der Stoffmenge 
vermöge der Oberflächenkonzentration befindlich ist, erforderlich. Diese 
Größe ist offenbar der reziproke Wert der Oberflächenkonzentration k, denn 
sie ist die Fläche der Mengeneinheit, während die Oberflächenkonzentration 
die Menge der Flächeneinheit ist: W = ı/k. 
Die Bestimmung dieser letzteren Größe macht große Schwierigkeiten und 
ist demgemäß. nicht schr genau. Die dahin gerichteten Experimente (Milner 
1907, Lewis 1908) hatten zunächst nur eine Übereinstimmung dem Sinne 
nach ergeben, während die Zahlenwerte Abweichungen von sehr erheblichem 
Betrage erkennen ließen. Inzwischen ist aber ein viel besserer Anschluß des 
Versuchs an die Theorie gefunden worden (Lewis, Donnan, Ellis). 
Qualitativ besagt die Formel folgendes. Da R, T, m und p positive Größen 
sind, so hängt das Vorzeichen des Verhältnisses‘ dg/dp von dem Vorzeichen 
von W oder dem der Oberflächenkonzentration k ab, da beide gleiches Zeichen 
haben. Wenn somit dg/dp positiv ist, so ist k negativ und umgekehrt. Nimmt 
die Oberflächenspannung mit zunehmender Konzentration des gelösten Stoffes 
zu, so bedeutet dies, daß die Oberflächenkonzentration dieses Stoffes negativ 
ist, d. h. daß in der Oberfläche weniger von ihm vorhanden ist, als vermöge 
der Volumkonzentration anwesend sein sollte. Nimmt dagegen die Ober- 
flächenspannung mit steigender Konzentration ab, so bedeutet es, daß die 
Uberflächenkonzentration positiv ist, d.h. daß in der Oberfläche mehr 
les gelösten Stoffes vorhanden ist, als der Volumkonzentration entspricht. 
Der erste Fall tritt bei den wässerigen Lösungen der stark dissoziierten 
anorganischen Salze ein, der zweite bei den allermeisten Lösungen orga- 
nischer Verbindungen, die selbst stets eine kleinere Oberflächenspannung als 
das Wasser haben. Hieraus ist also zu schließen, daß Ionen nicht oder nur 
schwer in die Oberfläche gehen, während die indifferenten Stoffe umgekehrt 
vorwiegend die Oberfläche aufsuchen. Die Beeinflussungen der Oberflächen- 
spannung des Lösungsmittels durch den zweiten Fall sind sehr viel größer, 
als die durch den ersten, und späterhin wird daher vorwiegend von ihm die 
Rede sein. 
Nachträglich erkennen wir, daß sowohl bei der Adsorption der Gase wie 
der der gelösten Stoffe durch feste Körper die Oberflächenspannung der 
letzteren durch die Aufnahme verkleinert wird, da eine positive Ober- 
flächenkonzentration entsteht. Eine negative würde sich überhaupt schwer- 
ich beobachten lassen. 
Bei diesen Vorgängen, die mit Konzentrationsänderungen verbunden sind, 
erweist sich demgemäß die Volumenergie in Wechselwirkung mit der Ober- 
flächenenergie. Außerdem können natürlich auch andere Energiearten mit 
dieser gekoppelt werden, z. B. elektrische Energie (S. 500). 
Adsorption an Kolloiden. Durch die große Oberflächenentwicklung 
disperser Gebilde ist für die Ausbildung kräftiger Adsorptionserscheinungen 
ein ausgiebiger Anlaß vorhanden, und so gibt es demgemäß zahlreiche Er- 
scheinungen, welche sich auf diese Quelle zurückführen lassen. Es handelt
	        
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