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; KOLLOIDCHEMIE
fragliche Eigenschaft als eine reine Bewegungserscheinung auffaßte, glückte
die Aufstellung einer konstruierbaren Hypothese. .
Nach dieser besteht ein Gas aus einer großen Anzahl kleiner Teilchen,
den Molekeln, welche 'aber nicht in Ruhe, jedes an seinem Orte, verharren,
sondern mit großen Geschwindigkeiten sich durcheinander bewegen. Infolge-
dessen findet, sowie einem Gase ein freier Raum dargeboten wird, alsbald
eine Einwanderung der nach der entsprechenden Seite sich bewegenden
Molekeln statt, und die Erfüllung des Raumes mit Gas-erfolgt äußerst schnell.
Vermöge der beständigen Bewegungen finden im Durchschnitt überall in
dem vom. Gase eingenommenen Raume sich gleich viel Molekeln vor, die
Dichte ist überall dieselbe. .
Bei ihren allseitigen Bewegungen müssen auch an die Wände des Gefäßes,
welches das Gas einschließt, beständig lebhaft bewegte Molekeln gelangen,
welche‘ von diesen wieder abprallen und in das Innere zurückeilen. Durch
diese ununterbrochenen Stöße übt das Gas auf die Wände einen Druck aus,
der offenbar sowohl mit der Anzahl der Molekeln, wie mit der Masse und
Geschwindigkeit jeder einzelnen zunehmen muß.
Um diesen Druck zu berechnen, denken wir uns einen würfelförmigen
Raum, dessen Seitenlänge 1 betrage. Die Anzahl der ihn erfüllenden Molekeln
sei n, und sie seien alle von gleicher Art; jedes von der Masse m und mit der
Geschwindigkeit c ausgestattet. Die Bewegungen finden nach allen Rich-
tungen in gleicher Weise statt:
Wir betrachten nun eine Molekel, welche mit der Geschwindigkeit c nach
irgendeiner Richtung fliegt. Nach den Gesetzen der Mechanik können wir
diese Geschwindigkeit in drei aufeinander rechtwinklige Komponenten, u, v
und w, zerlegen, welche zu c in der Beziehung stehen, wie die Seiten‘ eines
rechtwinkligen Parallelepipedons zu seiner Diagonale, nämlich: ;
nun Lv2ıLwi=c2
Die drei Komponenten seien parallel den Würfelkanten angenommen, Die
Wirkung, welche die Molekel, die mit der Geschwindigkeit c in der ent-
sprechenden schrägen Richtung auf eine Würfelseite prallt, auf diese ausübt,
ist gleich der, welche sie ausüben würde, wenn sie mit der zu der Wand
senkrechten Komponente dort anlangte. Betrachten wir zunächst die Kom-
ponente u, so ist diese Wirkung gleich 2mu, indem zunächst beim Aufprall
die Bewegungsgröße mu abgegeben, sodann beim elastischen Rückgang die
gleiche entgegengesetzte aufgenommen wird. . ;
Diese Wirkung eines einmaligen Stoßes erfolgt nun in der Zeiteinheit
auf die beiden parallelen Würfelseiten 7 mal, d. h. so viel mal, als die in der
Zeiteinheit zurückgelegte Strecke u durch die Entfernung 1 der Würfelseiten
teilbar ist. Die Gesamtwirkung einer Molekel in der Zeiteinheit beträgt
2mu?
also — ——,