Full text: Grundriss der allgemeinen Chemie

KOLLOIDCHEMIE 
zeitig bei der Berührung nicht in bezug auf Druck und Volum beeinflussen. 
Fragt man nun, unter welchen Umständen zwei mechanische Gebilde von 
der Art, wie wir uns die Gase denken, bei denen die Massen der bewegten 
Teilchen verschieden sind, sich unbeeinflußt lassen, so lehrt die Rechnung 
(die hier ihrer verwickelten Beschaffenheit wegen nicht wiedergegeben werden 
kann), daß dies geschieht, wenn die Bewegungsenergie der bewegten 
einzelnen Massen gleich groß ist. So entsprechen bei verschiedenen Gasen 
gleichen Änderungen der Temperatur gleiche Änderungen der Bewegungs- 
energie der Molekeln. Da nun andererseits jedesmal das Produkt pv der 
Bewegungsenergie proportional ist, so folgt, daß bei verschiedenen Gasen 
yzleiche Änderungen der Temperatur proportionale Änderungen 
der Produkte pv bedingen. Dies ist aber das Ausdehnungsgesetz 
der Gase’ in seiner allgemeinsten Form, und auch dieses stellt sich somit als 
sine Folge der mechanischen. Voraussetzungen dar. 
Zahl der Molekeln. Auch der Satz von Avogadro endlich, daß in 
gleichen Räumen verschiedener Gase unter gleichen Umständen gleich viel 
Molekeln enthalten seien, läßt sich aus unseren Voraussetzungen ableiten. 
Alsdann sind nämlich, wenn p, und v, Druck und Volum des ersten, p, und 
va dieselben Größen bei einem zweiten Gase sind, nach der Voraussetzung 
2 
Pı = Pa Vi = Va und somit p,V, = PzVe-. Nun wurde oben pv = 2 mn © 
gefunden; wir haben also: 2 2 3 ° 
C1 Cz 
Mn; -— = Mahı —. 
” ” 
548 
Nach dem oben erwähnten Satze haben aber zwei Gase dann gleiche Tem- 
peratur, wenn die lebendige Kraft ihrer einzelnen Molekeln gleich ist, d. h. 
wenn: 01? 648 
My — = Mg m‘ 
2 2 
Wird diese Gleichung in die obere dividiert, so folgt: ; 
Nı = 2, 
d.h. sind Druck und Temperatur bei gleichen Volumen zweier 
Gase gleich, so ist es auch die Anzahl der Molekeln beiderseits. 
Wir gelangen hier auf einem ganz unabhängigen, wenn auch hypothetischen 
Wege zu derselben Schlußfolgerung, welche wir als zweckmäßigsten Ausdruck 
der chemischen Methodik früher aufgestellt hatten. 
Geschwindigkeit der Molekeln, Die eben entwickelten Beziehungen 
lassen sich endlich benutzen, um die Geschwindigkeiten zu berechnen, 
mit welcher die Molekeln der verschiedenen Gase den Raum durchmessen 
müssen, um die Druckwerte zu geben, welche man tatsächlich beobachtet. 
Die Gleichung pv = z mne? gibt nach c aufgelöst den Ausdruck c = V 3, 
Betrachten wir ı g Sauerstoff bei o® und 76 cm Druck, so ist zunächst 
die Masse mn = ı zu setzen; ferner ist das Volum von _ı g Sauerstoff unter
	        
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