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PHOTOCHEMIE
Bildung von Stärke und ähnlichen Reduktionsprodukten einerseits, und zu
der von freiem Sauerstoff andererseits führt. Es ist aber nicht notwendig,
daß die zuerst entstehenden Stoffe mit größerer Energie auch bestehen
bleiben. Vielmehr tritt in vielen Fällen nach dieser ersten energiesteigernden
Wirkung der Strahlung ein rein chemischer Vorgang ein, durch welchen die
primären Produktie (häufig unter Mitwirkung anderer anwesender. Stoffe)
chemische Umwandlungen gewöhnlicher, d. h. unter Verlust freier Energie
erfolgender Art erfahren. Demgemäß können die experimentell faßbaren
Endprodukte photochemisch hervorgerufener Reaktionsfolgen auch weniger
freie Energie enthalten, als die Ausgangsstoffe; solche Fälle sind sogar recht
häufig.
Der zweite Fall besteht darin, daß das Licht katalytisch wirkt, indem
es vorhandene langsame Reaktionen beschleunigt, welche also mit einer
Verminderung der freien Energie verbunden sind. Den bekanntesten Fall
hierzu bildet die Verbindung des Chlorknallgases im Licht, welche unter
Abscheidung einer großen Menge Energie erfolgt, also freiwillig stattfinden
kann und auch stattfindet, nur im Dunkeln mit einer sehr kleinen Ge-
schwindigkeit, welche durch Strahlung proportional der Lichtstärke ver-
größert wird.
Es ist wahrscheinlich, daß auch bei den katalytischen Lichtwirkungen eine
primäre Steigerung des chemischen Potentials eines oder einiger der be-
teiligten Stoffe durch die aufgenommene strahlende Energie der erste Effekt
ist; diese Veränderung würde dann die Beschleunigung der Reaktion be-
dingen, Hierfür spricht die Proportionalität zwischen Lichtstärke und Be-
schleunigung, die bei einem bloß auslösenden Vorgange nicht zu erwarten
wäre; letzterer müßte vielmehr erfolgen, wie die Explosion des Knallgases
durch den elektrischen Funken, wo nach stattgehabter Auslösung die Re-
aktion wegen der entstandenen hohen Temperatur selbständig und schnell
zu Ende geht (s. w. u.).
Während früher. nur die photochemischen Vorgänge dieser zweiten Art
genauer studiert worden waren, haben wir in letzter Zeit eine Anzahl Re-
aktionen der ersten Art kennen gelernt, bei denen die Strahlung als eine
am Gleichgewicht beteiligte Energie sich betätigt (Luther 1902).
Man wird Lichtempfindlichkeit bei allen Stoffen zu erwarten haben,
die absorbieren können, und es wird sich nur um verschiedene Grade
dieser Eigenschaft von Stoff zu. Stoff handeln können. In der Tat ist das
Verzeichnis der Stoffe, die sich durch den Einfluß des Lichtes ändern, sehr
groß und nimmt unaufhörlich zu.
Um sich eine Vorstellung davon zu machen, wie durch Strahlung der
chemische Zustand eines Gebildes geändert werden kann, denken wir uns
verschiedene absorbierende Stoffe in einem Raum von konstanter Tempera-
tur gebracht. Dann werden diese gleiche Temperatur annehmen. Wird nun
eine spezifische Strahlung dauernd in den Raum gesendet, die von den
Stoffen verschieden absorbiert wird, wobei die absorbierten Strahlen sich
in Wärme verwandeln mögen, so nehmen die Stoffe verschiedene Tem-