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PHOTOCHEMIE
Einzelheiten dieser sehr mannigfaltigen Methoden entziehen sich der Bericht-
erstattung an dieser Stelle.
Eine bemerkenswerte Beobachtung ist von H. W. Vogel (1874) gemacht
worden. Die Silbersalze, insbesondere auch das Bromsilber der gewöhnlichen
Negativplatten, sind vorherrschend empfindlich für Strahlen zwischen blau
und ultraviolett, während auf das Auge die grüngelben Strahlen am stärksten
einwirken, für welche die Platten wenig empfindlich sind. Die Folge davon
ist, daß in photographischen Bildern die Lichtverhältnisse geändert erscheinen;
die dunkelaussehenden blauen und violetten Farben bilden sich hell ab,
während helle rote und gelbe Töne dunkel wiedergegeben werden.
Dieser Übelstand läßt sich nun beseitigen, wenn man dem Bromsilber der
Platten gewisse Farbstoffe, z. B. Eosin oder Cyanin in sehr geringer Menge
zusetzt. Dadurch verschiebt sich das Maximum der photographischen Wir-
kung nach der Seite der längeren Wellen, bzw. es treten in diesem Gebiete
neue Maxima auf, und man erhält Bilder mit richtigerer Abstufung.
Die Theorie dieses Verfahrens ist noch nicht ganz befriedigend entwickelt.
Der Farbstoff scheint gleichfalls eine Verbindung mit Silber einzugehen,
welche lichtempfindlich ist; doch für diese ist eine Lichtempfindlichkeit von
der Ordnung der beim Bromsilber vorhandenen nicht nachgewiesen worden.
Möglicherweise bildet sie eine feste Lösung mit dem Bromsilber, welche eine
entsprechend verschobene Gesamtempfindlichkeit hat.
SECHSUNDZWANZIGSTES KAPITEL
Gasleitung und Radioaktivität
AA gemeines. In neuerer Zeit ist eine große und mannigfaltige Reihe von
Erscheinungen entdeckt und untersucht worden, die zu denen der strah-
lenden Energie insofern in Beziehung stehen, als es sich bei ihnen auch um
Energien handelt, die geradlinig mit einer sehr großen Geschwindig-
keit durch den Raum gehen. Es handelt sich aber hierbei zum Teil
nicht um Schwingungszustände, durch welche die Energie sich fortpflanzt,
sondern vielmehr um Vorgänge von der Art, wie Newton sich die Beschaffen-
neit des Lichtes gedacht hat. Es werden nämlich kleine Teilchen, deren
unterste Grenze 1!/,900 von der Masse eines einzelnen Wasserstoffatoms be-
trägt, mit Geschwindigkeiten, die bis zu der des Lichtes aufsteigen,” gerad-
linig durch den Raum geschleudert. ;
Man nennt diese kleinen elektrisch geladenen Mengen, welche sich an-
scheinend nicht weiter teilen lassen, Elektronen und schreibt demgemäß
der ‚Elektrizität‘ atomistische Struktur zu. Da die Teilung sich auf Elek-
trizitätsmengen, nicht um elektrische Energie bezieht, so bedarf die
Annahme noch einer Ergänzung bezüglich des Potentials der Elektrizitäts-
menge, welche nach elektrostatischen Gesetzen von der ihrer räumlichen Be-
schaffenheit abhängt. Eine elektrisch geladene Kugel besitzt nämlich eine
negative Oberflächenspannung, vermöge deren sie ihre Oberfläche nach Mög-