Full text: Grundriss der allgemeinen Chemie

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GASLEITUNG UND RÄADIOAKTIVITÄT 
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lichkeit zu vermehren sucht. Durch welche Ursache bei den Elektronen das 
Ausdehnungsbestreben eingeschränkt wird, ist anscheinend bisher noch nicht 
erörtert worden. 
Solcher elektrischer Einheitsmengen gibt es positive wie negative von 
gleicher Größe. Sie kommen im allgemeinen verbunden mit wägbaren Atomen 
vor, doch hat eine Anzahl von Tatsachen zu dem Schluß geführt, daß auch 
negative Elektronen allein, ohne wägbare Begleiter vorkommen, während 
isolierte positive Elektronen nicht bekannt sind. Insbesondere bestehen in 
diesem Sinne die Kathodenstrahlen, die sich bei elektrischen Entladungen 
in verdünnten Gasen ausbilden, aus sehr schnell bewegten negativen Elek- 
tronen. 
Die Gasionen. Die experimentelle Tatsache, welche zu der Entwicklung 
dieses Anschauungskreises geführt hat, ist die elektrische Leitfähigkeit 
der Gase. Nachdem durch die Dissoziationstheorie der flüssigen Elektrolyte 
sich der Ionenbegriff als überaus fruchtbar für die Ordnung der bekannten 
Tatsachen und die Entdeckung neuer erwiesen hatte, lag es nahe, den gleichen 
Gedankengang auch auf die gasförmigen Leiter anzuwenden. Doch erwies 
sich, daß für diesen Zweck die Anschauungen sehr wesentlich abgeändert 
werden mußten, um die eigenartigen Verhältnisse sachgemäß darzustellen. 
Der Hauptunterschied liegt darin, daß es eine in der eigenen Beschaffenheit 
liegende Ursache der Ionenbildung, wie sie in den wässerigen und anderen 
leitenden Lösungen sowie in den Schmelzen besteht, bei Gasen anscheinend 
nicht gibt. Hier entsteht die Leitfähigkeit immer durch äußere Ursachen, 
d. h. durch eingeführte Energie, und schon während diese Ursache wirkt, noch 
mehr wenn sie aufhört, verläuft ein Rückbildungsprozeß, welcher zum 
freiwilligen Verschwinden der Ionen und damit der Leitfähigkeit führt. Da- 
her ist auch in jedem Fall der ionisierte Anteil des Gases äußerst klein, 
denn wenn man versucht, ihn zu steigern, werden die entsprechenden rück- 
bildenden Ursachen gleichfalls verstärkt und man erreicht bald eine Grenze. 
Die Geschwindigkeit der Rückbildung erweist sich übrigens als ein Vorgang 
zweiter Ordnung (S. 322). 
Die Ursachen der Ionenbildung sind äußerst mannigfaltig. Am längsten 
bekannt ist sie bei elektrischen Entladungen aller Art. Aber auch bei 
zahlreichen chemischen Prozessen, z. B. der lebhaften Verbrennung, der 
leuchtenden Oxydation des Phosphors in der Kälte wird die Luft leitend, 
ferner durch die Einwirkung des Lichtes, namentlich des ultravioletten, auf 
verschiedenartige Stoffe, insbesondere Metalle. Ferner durch Erhitzung von 
Metallen über 300° Endlich sind die hernach zu behandelnden radioaktiven 
Stoffe in so hohem und regelmäßigem Betrage mit dieser Fähigkeit ausge- 
stattet, daß sie durch diese erkannt und erforscht werden. Insgesamt kann 
man sagen, daß alle Arten konzentrierter Energie, d. h. solcher Energie, bei 
der eine große Menge in einem kleinen Raume verdichtet ist und die deshalb 
hohen Potentials ist und intensive Arbeit leisten kann, die Fähigkeit besitzen, 
Gase leitend zu machen. 
Daß diese Leitfähigkeit auf dem Vorhandensein individueller, elek- 
Wi, Ostwald, Grundriß, 5. Aufl,
	        
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