Full text: Grundriss der allgemeinen Chemie

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PHOTOCHEMIE 
möglich geworden. Oder es wird nötig werden, die elementare Beschaffenheit 
aller bisherigen Elemente in Zweifel zu ziehen und zu revidieren, wozu mög- 
licherweise die neue Quelle von ungeheuer konzentrierter Energie, die das 
Radium bietet, das Hilfsmittel abgeben wird.!) 
Es ist natürlich, daß nach der Entdeckung dieser merkwürdigen Eigen- 
schaften das Urans und reiner Mineralien eine ausgedehnte Forschung nach 
anderen radioaktiven Stoffen einsetzte. Indessen ergab sich hierbei zunächst 
von den bekannten Elementen nur noch das Thorium als aktiv (Schmidt 
1898, Curie 1898), wenn sich auch gleichzeitig herausstellte, daß Aktivität 
überhaupt eine sehr verbreitete Erscheinung ist. Insbesondere enthalten Wasser 
und Luft, die aus etwas erheblicheren Tiefen der Erde stammen, regelmäßig mehr 
üder weniger Aktivität, welche allerdings mit dem Orte sehr veränderlich ist. 
Da Uran und Thorium die Elemente mit dem höchsten Atomgewicht sind, 
so lag es nahe, dies mit der Aktivität in Verbindung zu bringen, zumal Radium 
das nächstfolgende ist. Die große Anzahl von Lücken, welche die Tabelle in 
dieser Gegend enthält, könnte dann mit der Unbeständigkeit aller Elemente 
hohen Atomgewichts in Zusammenhang gebracht werden (s. w. u.). 
Die Umwandlungstheorie. Da die Uran- und Radiumwirkungen zu- 
nächst viele Ähnlichkeit mit den Röntgenstrahlen zeigten, wurden sie anfangs 
hauptsächlich auf ihre Ähnlichkeit mit dem Licht untersucht, ohne daß dabei 
viel herauskam. Dann hatten aber Rutherford und Soddy den Mut, diese 
Wirkungen stofflich-chemisch aufzufassen, und damit war der Schlüssel 
zum Verständnis der Erscheinungen gefunden. Es ergab sich, daß das wirk- 
same Prinzip des Thoriums einem Luftstrom folgte, ja sich mittels flüssiger 
Luft kondensieren ließ, kurz sich wie ein Gas betrug. Dieses Gas hatte ganz 
ähnliche Fähigkeiten wie das Radium bezüglich der Wirkung auf die photo- 
graphische Platte, die Phosphoreszenzerregung und die Bildung von Gasionen. 
Nur behielt es diese Fähigkeiten nur über eine sehr kurze Zeit und ebenso 
seine Existenz; es verschwand, und an seiner Stelle trat ein fester Körper 
auf, der in Säuren löslich war. Allerdings konnte man ihn nicht sehen, seine 
Anwesenheit ergab sich daraus, daß alle mit jenem Gase in Berührung ge- 
wesenen Körper an ihrer Oberfläche radioaktive Eigenschaften zeigten, die 
von ihnen durch Abwaschen mit Säure entfernt werden konnten. Auch 
dieser feste Beschlag verschwand nach einiger Zeit von selbst. 
Die Gesamtheit dieser überaus verwickelten Erscheinungen läßt sich 
unter der Annahme ordnen, daß das Thorium sich beständig in einen 
anderen Stoff umwandelt, nämlich jenes aktive Gas, das man 
Emanation genannt hat, und daß die Emanation ihrerseits 
ähnliche Umwandlungen erleidet. Gesehen hat man von diesen Stoffen 
') Die von Ramsay angegebene Umwandlung des Kupfers in Lithium unter dem Ein- 
flusse der Radiumemanation ist inzwischen von S. Curie als irrtümlich erwiesen worden. Da 
aber andererseits die Bildung von Helium aus Radium mehrfach bestätigt worden ist, so 
ist der grundsätzliche Nachweis der Transmutation der Elemente erbracht und man darf 
die Ergebnisse der wissenschaftlichen Untersuchung dieser neuartigen Vorgänge mit Ruhe 
abwarten.
	        
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