DIE CHEMISCHE VERWANDTSCHAFT
des Dissoziationsdruckes von Calciumkarbonat oder der LöslichBeit eines
indifferenten Stoffes,
Schwieriger wird die Aufgabe, wenn in derselben Phase mehrere Stoffe
zu bestimmen sind. Dann reichen die gewöhnlichen Hilfsmittel der Analyse
oft nicht aus, um die gestellten Fragen zu beantworten. Denn bei der ge-
wöhnlichen Analyse wird der Stoff, dessen Menge gemessen werden soll,
im allgemeinen in eine andere Form umgewandelt, welche die Trennung
und gesonderte Messung gestattet. Das Verfahren führt also nur dann zum
Ziel, wenn durch diese Operationen die Menge des Stoffes nicht verändert
wird, der gemessen werden soll. Eine solche Änderung aber tritt ein, wenn sich
dieser Stoff als Bestandteil eines Gleichgewichts vorfindet, welches
durch dessen Konzentration mitbestimmt ist, und dessen Reaktionsgeschwin-
digkeit einen Wert hat, der von gleicher Ordnung ist, wie die der zur Analyse
erforderlichen Vorgänge. Nur wenn die Geschwindigkeit, mit welcher sich
das Gleichgewicht einstellt, klein genug ist, kann man den daher rührenden
Fehler in den zulässigen Grenzen halten.
Wenn es sich z. B. darum handelt, die Menge Silberion in einer bestimmten
Lösung von Silberacetat festzustellen, so kann man sich hierzu nicht des
analytischen Nachweises bedienen, der auf der Fällung von Silberion durch
Chlorion beruht. Denn wenn man durch Zusatz von Chlorion in Form von
Salzsäure auch zunächst.nur das vorhandene Silberion ausfällt, so entsteht
aus dem nichtdissoziierten Teile des Silberacetats doch alsbald neues Silberion,
das gleichfalls niedergeschlagen wird, und schließlich findet sich im Nieder-
schlage nicht nur das ursprünglich vorhanden gewesene aktuelle Silberion,
sondern alles, das sich unter den vorhandenen Umständen vermöge des Zu-
satzes des Fällungsreagens hat bilden können, d. h. das potentielle.
Dagegen kann man die Menge des Chlorions, die sich durch die Hydrolyse
der Monochloressigsäure unter bestimmten Verhältnissen gebildet hat, ganz
gut auf diese Weise bestimmen, denn der Versuch zeigt, daß aus reiner Mono-
chloressigsäure durch Silberlösung bei Zimmertemperatur kein Chlorsilber
in der Zeit gefällt wird, welche zu einer Analyse nötig ist. Zwar bleibt auch
diese Reaktion auf die Dauer -nicht aus; ihre Geschwindigkeit ist aber klein
genug, daß die Menge des daher rührenden Chlorsilbers verschwindend ge-
macht werden kann gegen die Menge des aus dem vorhandenen Chlorion
stammenden.
Das Fixierverfahren, Wenn die während der Analyse eintretende Ver-
schiebung der Menge des zu bestimmenden Stoffes zu groß ist, als daß sie
vernachlässigt werden kann, so läßt sich oft die Analyse dadurch ermöglichen,
daß man einen Zustand herstellt, in welchem die Reaktionsgeschwin-
digkeit des Gebildes auf einen sehr kleinen Wert herabgeht,
ohne daß sich die Menge des zu messenden Stoffes ändert. Da das allge-
meinste Mittel zur Verminderung der Reaktionsgeschwindigkeit in der Er-
niedrigung der Temperatur liegt, so läßt sich diese in sehr vielen Fällen mit
Erfolg anwenden. Die Erniedrigung der Temperatur muß allerdings mit
so großer Geschwindigkeit erfolgen, daß die Verschiebung des Zustandes