DIE CHEMISCHE VERWANDTSCHAFT
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sehr genauen Versuchen wird also hierauf Rücksicht zu nehmen sein. Ferner
hat sich ergeben, daß die Anwesenheit anderer Stoffe, wie‘ Salze, Alkohol u.
dgl. die Drehung ein wenig ändert; auch dieser Einfluß ist gering.
Ähnlich verhält sich die Gehaltsbestimmung aus der Farbe, wenn nur der
zu messende Stoff eine merkliche Lichtabsorption zeigt. Gewöhnlich wird
die Geltung des Beerschen Gesetzes, nach welchem der Extinktionskoeffizient
dem Gehalte an färbendem Stoffe proportional ist, ohne weiteres vorausge-
setzt; doch werden auch hier in bestimmten Fällen sich Abweichungen nach-
weisen lassen, und eine Prüfung des Geltungsbereiches hat in jedem neuen
Falle der Anwendung vorauszugehen.
Messungen dieser Art werden mittels eines Kolorimeters ausgeführt.
Ein solches besteht aus zwei Röhren, die unten durch ebene Glasplatten ab-
geschlossen sind; in die eine kommt die zu messende Flüssigkeit bis zu einer
bestimmten Höhe, in der anderen vermehrt oder vermindert man die Höhe
einer Vergleichsflüssigkeit von bekanntem Gehalte so lange, bis beide Röhren
bei senkrechter Durchsicht dieselbe Farbe zeigen. Um diesen Vergleich be-
quem und genau ausführen zu können, sind verschiedene Mittel angegeben
worden; eines der einfachsten und besten besteht in der Anbringung zweier
paralleler, unter 45° gegen die Rohrachsen geneigter Spiegel. Man entfernt.
von dem einen einen Teil der Belegung; blickt man durch die Öffnung nach
dem anderen Spiegel, so erscheint das durch das zweite Rohr gegangene Licht
inmitten des aus dem ersten Rohr stammenden, das von dem ersten Spiegel
reflektiert wird, und man kann die Färbung beider Flüssigkeitssäulen mit
großer Schärfe vergleichen. Die von der kleinen Unsymmetrie dieser Anord-
nung herrührende Einseitigkeit dieses Apparates kann man durch Vorversuche
leicht bestimmen und rechnerisch eliminieren (Donnan 1896). Theoretisch
vollkommener ist die Anwendung des Lummer-Brodhunschen Würfels.
Gruppeneigenschaften. Zwischen den allgemeinen Eigenschaften, die
sämtlichen Stoffen zukommen, und den besonderen, die individuell sind,
3ibt es noch Zwischenstufen, welche bei größeren oder kleineren Gruppen
von Stoffen auftreten. Hier sind zunächst die an Gasen und verdünnten
Lösungen auftretenden kolligativen Eigenschaften zu nennen, aus deren
Messung sich"oft wichtige Schlüsse ziehen lassen. Ein Beispiel solcher An-
wendung bieten die Ermittlungen über den Dissoziationszustand gewisser
Verbindungen, die sich aus der Gasdichte ergeben haben. Der für Phosphor-
pentachlorid gefundene Wert von rund 140 ist ein Beweis dafür, daß eine
Verbindung PCI, im Dampfe sicher nicht vorhanden ist ; eine Auskunft,
welche Stoffe tatsächlich vorhanden sind, läßt sich aus dieser Zahl allerdings
nicht entnehmen. Ist aber anderweit bekannt, was vorhanden ist, so dient
die gefundene Gasdichte zur Ermittlung der Mengenverhältnisse, wie das im
Falle des Stickstoffperoxyds (S. 236) gezeigt worden ist.
Durch die Erweiterung der Gasgesetze auf verdünnte Lösungen ist dieser
Schlußweise ein sehr ausgedehntes Anwendungsgebiet eröffnet worden. Auch
ist bereits geschildert worden, wie sie zu einem der wichtigsten Fortschritte
der neueren Chemie, zur Theorie der freien Ionen geführt hat.