Full text: Grundriss der allgemeinen Chemie

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STÖCHIOMETRISCHE BEZIEHUNGEN 
. 611 
gebenden Affinitätsgrößen der Säuren sich ganz unabhängig von ihren 
Neutralisationswärmen zeigten. Dadurch wurde der Irrtum, daß beide 
Größen einander proportional seien, endgültig beseitigt. 
Die sich an Thomsens Forschungen anschließenden Arbeiten von Ost- 
wald (seit 1877) ergaben, daß sich die verschiedenartigsten Reaktionen der 
Säuren einander proportional erweisen, so daß sich für diese Stoffe, denen sich 
bald die Basen anschließen ließen, spezifische Affinitätskoeffizienten 
aufstellen lassen, die sich zwar mit der Konzentration und der Temperatur 
ändern, von der Natur der Reaktion aber unabhängig sind. 
Die Theorie der freien Ionen von Arrhenius ließ diese spezifischen 
Koeffizienten als durch die Konzentration des vorhandenen freien Wasser- 
stoff-, bzw. Hydroxylions bestimmt erkennen, und die Gleichgewichtserschei- 
nungen der Elektrolyte wurden auf die Dissoziationskoeffizienten der betei- 
ligten Stoffe zurückgeführt (S. 455). 
Somit ist das Affinitätsproblem für die homogenen Gleichgewichte 
der Elektrolyte im wesentlichen gelöst, wenn diese Koeffizienten bekannt 
sind. Die Forschung hat in dieser Beziehung hauptsächlich das Gebiet der 
wässerigen Lösungen bearbeitet; andere Lösungsmittel haben gewisse Schwie- 
rigkeiten ergeben, die aber im wesentlichen überwunden sind. 
Die Affinitätsgrößen der Säuren. Wie S. 440 mitgeteilt, ergibt sich der 
2 
Dissoziationskoeffizient k.aus der Formel = = k, wo a der Bruch- 
zeil des dissoziierten Stoffes und v das Volum ist. 
Die Formel enthält eine einzige Konstante k, welche von der Natur des 
Stoffes bestimmt wird, und diese Konstante ist das gesuchte Maß 
der chemischen Verwandtschaft unter den vorhanden:n Bedingungen. 
Um die Bedeutung dieser Konstanten zu erfassen, denken wir uns den 
Stoff zur Hälfte dissoziiert. Wird demgemäß a = 0:5 gesetzt, so wird: 
I 
£ 
= kv;i2k= - 
v 
2 
Es ist somit z2k gleich dem reziproken Wert des Volums oder gleich der 
Konzentration, bei welchem der Elektrolyt gerade zur Hälfte disso- 
ziiert ist. 
Das einfachste und genaueste Hilfsmittel, die Konstante k zu bestimmen, 
ist die Messung der elektrischen Leitfähigkeit. Es ist bereits gezeigt worden 
(S. 436), daß der Dissoziationsgrad a sich als das Verhältnis zwischen der 
entsprechenden molaren Leitfähigkeit wu und dem Grenzwert derselben u 
bei unendlicher Verdünnung ergibt. 
Die stöchiometrischen Beziehungen der Konstanten k treten besonders 
deutlich an organischen Säuren hervor (Ostwald 1889) und sollen hier in 
einigen typischen Fällen erörtert werden. Dabei wird statt der aus der Formel 
2 
ZZ = k sich ergebenden Konstante, welche unbequem kleine Werte 
hat, die 100mal größere Zahl K = 100 k benutzt werden. Sämtliche Zahlen 
20%
	        
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