Full text: Grundriss der allgemeinen Chemie

JIE STOFFE 
daß wir Flüssigkeit vor uns haben, denn der Inhalt des Rohres siedet auf 
und verwandelt sich teilweise in Dampf. 
Es ist also möglich, von einem Gase auszugehen, und es in eine Flüssig- 
keit zu verwandeln, ohne daß jemals eine zweite Phase erscheint. 
Ebenso ist der umgekehrte Vergang möglich. Wir nehmen Kohlendioxyd 
unter 31° und verflüssigen es durch Druck. Die Flüssigkeit drücken wir 
weiter, bis über 80 Atmosphären, und erwärmen sie, indem der Druck unver- 
ändert gehalten wird. Dann läßt sich in keinem Augenblicke, insbesondere 
auch nicht beim Durchschreiten der Temperatur 31° ein Verdampfen be- 
obachten; der Inhalt der Röhre bleibt immer gleichförmig. Wird nun bei 
40° z. B. der Druck wieder vermindert, so erweist sich der Inhalt als gas- 
förmig, denn man kann bis auf Atmosphärendruck herabgehen, ohne daß 
man irgendeine Siedeerscheinung wahrnimmt. 
Die Zustände des Gases und der Flüssigkeit hängen also auf stetige Weise 
zusammen, und die gewöhnlich beobachtete Unstetigkeit dieses Überganges 
ıst nur eine Folge des Weges, auf dem er vorgenommen wird, 
Die Gesamtheit der Verhält- 
nisse läßt sich übersehen, wenn 
man die zusammengehörigen 
Drucke und Volume bei kon- 
stanter Temperatur in einem 
Koordinatensystem darstellt, 
Fig. 12, wo die Drucke in 
Atmosphären nach oben, die 
Volume in willkürlicher Einheit 
nach rechts eingetragen sind. 
Die Linien konstanter Tem- 
peratur oder Isothermen eines 
vollkommenen Gases sind unter 
diesen Umständen durch Hyper- 
beln, entsprechend der Formel 
PV == const., dargestellt. Die 
für die Luft geltenden Linien 
weichen nicht viel von diesen 
ab, und sind rechts oben für 
eine Anzahl Temperaturen ver- 
zeichnet. Für Kohlendioxyd 
haben wir zu oberst die Iso- 
therme für 481°, die sich in 
ıhrem Verlaufe diesen Linien 
anschließt; nur ist wegen der 
Abweichung von den Gasge- 
setzen das Produkt pv kleiner als bei Luft, und deshalb liegt die Linie 
niedriger. Die Isotherme für 35‘°5° liegt noch niedriger und zeigt eine 
auffällige Ausbiegung bei 85 Atmosphären, d. h. die Zusammendrückbarkeit 
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