Der Erker.
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Der Erker.
Ein echt deutscher Schmuck unserer Häuser ist der Erker. Sein
Ahnherr ist das Chörchen der Haus- oder Schlofskapelle, weshalb die
Erker auch in verschiedenen Ländern, wie z. B. in Bayern und Tirol
heute noch „Chörle“ genannt werden. Man ordnet sie hauptsächlich an
um bei angenehmer Raumerweiterung einen hübschen Sitzplatz zu ge-
winnen, besonders wenn eine schöne Aussicht vorhanden ist und um
der Fassade einen charakteristischen Schmuck zu verleihen. Sie können
direkt vom Grunde aus hochgeführt werden, aber aucn, was bei den
städtischen eingebauten Wohnhäusern meist der Fall ist, erst im ersten
Stock beginnen. Oft werden sie dann unten auf Tragsteine oder Konsole
gestellt, die aber mit Hülfe ausgekragter eiserner I- Träger entlastet
werden. Diese Anordnung von eisernen L- Trägern über den eigent-
lichen Konsolen ist unbedingt nötig, wenn man sich nicht der Gefahr
aussetzen will, dafs die Trägersteine, wenn sie einen verborgenen
Fehler haben, durch die grofse Last des Erkers abgedrückt werden
und einen Einsturz des Erkers herbeiführen sollen. Man ordnet Erker
von sehr verschiedenen Grundformen an, als diagonal gestelltes halbes
Quadrat, als Rechteck, halbes Sechs-, Acht- oder Zehneck, als Halb-
kreis etc. und konstruiert sie hauptsächlich aus Stein, aus Stein und
Holz oder Eisen, sowie auch ganz aus Holz. Die oberste Decke eines
Erkers wird sehr oft in das Niveau eines Stockwerkes gelegt und
bietet dann noch einen Austritt. In diesem Falle bringt man eine
Steinbalustrade oder ein schmiedeeisernes Geländer als Brüstung an.
Erker gehen sehr oft durch mehrere Stockwerke, ja selbst über das
Hauptgesims hinaus und werden oben turmähnlich abgeschlossen,
sie erinnern dann lebhaft an Treppentürmchen. Ebenso werden z. B.
häufig flache, ausgebaute Fenster an die Häuserfronten gesetzt, die
viel Ähnlichkeit mit Erkern haben. Durch ihre tiefe Nische fördern
sie im Innern wesentlich die Behaglichkeit und im Äufseren die
malerische Erscheinung. Man sieht hier, wie auf dem gesamten Gebiete
der Architektur, verschiedene Motive durch Zwischenstufen in einander
übergehen.
So