Full text: Formen des Steinbaues (1. Teil)

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Vorwort. 
Die Architektur kann sich dem Allgemeinverständnis nur er- 
schliefsen, wenn sie sich nach gewissen Gesetzen richtet und nicht 
nach‘ der Laune des Einzelnen unaufhörlich ihre Gestalt wechselt. 
Deshalb werden auch voraussichtlich nur diejenigen Bauwerke der 
modernen Richtung bleibend bestehen, die von Meistern ausgehen, 
welche sich nicht herbeilassen die Überlieferungen völlig aufzugeben. 
Die Architektur darf uns auch keine Rätsel aufgeben; alles mufs sich 
vielmehr von selbst erklären und bei gewisser Einfachheit des Grund- 
gedankens die Überzeugung erwecken, dafs es unbedingt so sein müsse, 
wie es ist. 
Dies alles zeigt sich besonders klar und deutlich in der Baukunst 
der Renaissance, die sich deshalb auch am geeignetsten erweist für 
die Einführung in das Studium der Architektur. Hier finden wir die 
schönsten, sprechendsten Beispiele in zahllosen Abstufungen des archi- 
tektonischen Ausdruckes, ihrer Anpassungsfähigkeit und Bildsamkeit; 
wir bewundern die aufserordentliche Steigerung, deren sie fähig ist, 
und nicht minder die Einschränkung, die sie gestattet, wenn es die 
Umstände erfordern. Es ist eine Kunst, die heute noch lebenskräftig 
und entwickelungsfähig ist und in der Meisterhand auch bei be- 
scheidenen Mitteln dem Bauwerke das Adelszeichen der Kunst auf die 
Stirn drückt. 
Eine Kunst, die zum Herzen dringen soll, bedarf einer Sprache, 
die einfach und ungekünstelt das Wesen eines Bauwerkes in seiner 
Erscheinungsform zum Ausdruck bringt. Das Bauwerk selbst mufs 
dabei in seiner Massenverteilung, Umrifslinie und Farbengebung so in 
die Landschaft und ‚seine Örtliche. Umgebung .passen, dais es das 
künstlerische Empfinden :befriedigt, dafs es interessiert und dem Sinn 
und Gemüt.des Beschauers entgegenkommt. . Um alles dies zu er- 
reichen ist künstlerisches Empfinden nötig... Der Architekt mufs Sinn 
haben für Massenverteilung und einfache Farbengebung, für Ausbildung 
des Äufseren aus dem Inneren heraus. in ‚natürlicher, schlichter Weise 
bei strenger Unterordnung der Dekoration unter die Konstruktion, für 
Vereinigung des Schmuckes auf die wichtigsten Bauteile und für Aus- 
führung in solidem, echtem Material, nämlich in natürlichem Stein- und 
Putzbau, der oft auch Fachwerk zeigt. Weniger Geschmack sollte
	        
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