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wie man sich studentisch ausdrückt, alles in allem etwa tausend Gulden,
schrieb Ludwig Feuerbach doch von trockenem Brot und mangelndem Kaffee,
womit er seine undisponierte Lebensweise nicht widerlegte, sondern bestätigte.
„Mein Morgen- und Abendessen“, schreibt er im August 1824 an seinen
Vater, „ist trockenes, dürres Brot, und mein Mittagessen besteht aus einer
Portion Fleisch und Gemüse, das in einer Restauration nach Berliner Art,
d. h. kraft- und saftlos, gekocht ist....... Wenn ich nur dazu etwas habe,
dass ich den bei meinem vielen Sitzen unentbehrlichen Kaffee trinken und
hie und da etwas besser zu Nacht essen kann.“ — Nun sind Ludwig Feuer-
bachs schriftstellerische Dispositionen und die Haltungslosigkeit seiner Werke,
die er übrigens selbst eingesteht, ein sehr wohl entsprechendes Gegenstück
zu jener ungeordneten Wirtschaftsart. Ob letztere sich in eigentlich studen-
tischen Extravaganzen bekundet habe, darüber fehlen Angaben. Wenn der-
artiges aber auch nicht vorgekommen und die Unordnung keine specifisch
studentische gewesen wäre, so würde das Zeugnis dadurch nur verstärkt;
denn dann wäre die betreffende unsolide Eigenschaft sogar noch von allge-
meinerer, also schlimmerer als bloss burschikoser Natur. In der That hat
Ludwig Feuerbach seine Ökonomie in seinem ganzen Leben nicht zu ordnen
verstanden, ist auf Einkünfte seiner Frau, Pensionen auf Grund der juristi-
schen Verdienste seines Vaters und schliesslich sogar auf Subskriptionen und
Bezüge aus der Schillerstiftung angewiesen gewesen. Er hat in dieser Be-
ziehung kein erbauliches Beispiel gegeben; das Übelste, aber zugleich Lehr-
reichste ist, dass sein Wirken und seine Werke ungefähr den entsprechenden
Stempel getragen haben und kaum zuletzt zu einem Mindestmass von Ge-
setztheit gelangt sind, mit der dann aber auch äusserste Kahlheit und eine
Art Bankrott in Weltanschauungsangelegenheiten verbunden war. Wie die
jugendliche Lebensweise so auch der Gedankenschlussakt: trockenstes geistiges
Brot und Mangel an, hier nicht an Kaffee, wohl aber an Spiritus, näm-
lich an erwärmendem Geist, an zulänglichem Verstand, an geordnetem Ab-
straktionsvermögen. Wie gesagt, hat L. Feuerbach selbst ein Stück von der
Hinfälligkeit seines Schriftstellertums verraten. Er hat nämlich die formelle
Seite preisgegeben, indem er meinte, seine Ideen würden zwar nicht in der
Form, die sie in Gestalt seiner Werke hätten, aber doch sonst bestehen bleiben
und Gemeingut werden. (Dühring, Krit. Gesch. d. Philos. S. 471). —
Nach diesem nahegelegten Seitenblick ist es angenehm, wieder zu
etwas „philisterhaft“ gescholtener Solidität und in ein Bereich verhältnis-
mässig klarerer Orientierung zu gelangen, nämlich zu dem schon mehrfach
erwähnten Johann Georg Büsch, dessen nahe Beziehungen zum Handels-
stande und dessen noch heute geltende hohe Bedeutung auf dem Gebiete des
Handelsschulwesens und der dazu gehörigen Wissenschaft seinem Standpunkt
in der Lebensführungsfrage einen besonderen Wert verleihen.
Büsch war während seines ganzen Lebens ein Muster von Pflichttreue
und einfacher Lebensart. Schon in früher Jugend zeichnete er sich durch
ungewöhnlichen Fleiss aus, eignete sich im 13. Lebensjahre auf autodidak-
tischem Wege umfangreiche, weit über das Bedürfnis der Schule hinaus-
gehende Geschichts- und Sprachkenntnisse an, so dass er, wie er in seiner
Selbstbiographie erzählt, die lateinischen Schriftsteller besser verstand als
sein Privatlehrer. Bei dem heutigen Streit um die beste Methode des fremd-
sprachlichen Unterrichts — beiläufig sei darauf hingewiesen — dürften die
Fingerzeige, welche Büsch bei Erläuterung seiner Art, fremde Sprachen zu
erlernen, in der Selbstbiographie liefert, seitens der Interessenten gelegentlich
einige Beachtung verdienen.