Full text: Fachbildung, Fachtüchtigkeit und jugendliche Lebensweise

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tüchtigen Können. Alles Studium, alle Gelehrsamkeit und Bildung vermögen, 
für sich allein genommen, Fachtüchtigkeit nicht sicher zu verbürgen. Erst 
die charaktervolle Lebenshaltung und die damit verbundene Lebensenergie 
machen die erworbenen Einsichten fruchtbar und befähigen zu ernsthaften 
Leistungen und zur Arbeit im eigentlichen Sinne des Worts. Arbeit ist 
aber das Grundgesetz jedes gehaltvollen Lebens, denn sie ist die Vor- 
bedingung des Genusses, gegen dessen Einseitigkeit und ausartende Neigungen 
sie überdies ein heilsames Gegengewicht bildet. Auch ist das Gefühl der 
Überwindung der Hindernisse, die der Befriedigung der Lebensreize ent- 
gegenstehen, selbst eine Genugthuung. Dieser Hinweis auf die belebende, 
herzstärkende und innerlich wie äusserlich befriedigende Wirkung ernster 
Arbeit giebt die Richtung an, in welcher das wahre Lebensglück zu suchen 
ist; er möge daher auch ein nachdrücklicher Appell an die jugendlichen 
Kräfte für alle diejenigen sein, welche sich in einer Zeit, wo gesunde Lebens- 
anschauungen immer seltener werden, von pessimistischen Anwandlungen und 
dazu gehöriger blasierter Denkweise nicht ganz haben freihalten können! 
Das angebrochene letzte Jahr des Jahrhunderts mit seiner säkularen 
Erinnerung an einen grossen, dabei häuslich einfach lebenden Strategen 
mahnt auch an das ihm vorangegangene Jahrhundert, in welchem und mit 
dessen Abschluss wir eine bescheidenere, aber für die uns naheliegende 
Handelswelt doch sehr typische und in vielen Beziehungen mustergültige 
Erscheinung in Büsch, dem Repräsentanten der ersten Handelsakademie, an- 
getroffen haben. Die Kluft zwischen den beiden fraglichen Ständen und 
Berufen ist sehr gross, noch grösser als die zwischen den zwei doch so un- 
gleichen Jahrhunderten, und kann daher nicht leicht überschätzt werden. 
Dennoch ist sie nicht ganz so unausfüllbar, als sie uns unter den Eindrücken 
von der jüngsten Generation her erscheinen mag. Wir haben in vielen 
Richtungen fast so etwas wie eine zeitweilige Neugeburt des Feudalismus 
oder doch wenigstens sehr accentuierte Anwandlungen davon zu ver- 
zeichnen. Dennoch, glauben wir, ist derartiges mehr Schein und Täuschung 
als etwa eine nachhaltige Wirklichkeit und ein stichhaltiger Realismus, für 
welchen sich die betreffende Auffassungsart der Verhältnisse und Aufgaben 
so gern ausgiebt. Der Streit über diese Dinge ist aber hier nicht unsere 
Aufgabe und gehört nur indirekt und für einige notwendige Streifung zu 
unserm Thema. Wir greifen daher gern auf einen neutraleren Boden zurück, 
auf den vorrevolutionären Teil des achtzehnten Jahrhunderts, um zum Schluss 
noch an drei Schotten zu erinnern, die, jeder in seiner Weise, im Schlimmen 
wie im Guten an den Zusammenhang von Lebensweise und Leistungen 
mahnen. Es sind dies John Law, David Hume und Adam Smith. Der 
erste (die entsprechenden Thatsachen und Interpretationen dieser Thatsachen 
finden sich in der 4. Auflage von Dührings Kritischer Geschichte der 
Nationalökonomie und des Socialismus 1900, Leipzig) — jener Schotte Law 
war von vornherein und sein Leben lang ein Spieler von Profession — im 
buchstäblichen Sinne des Worts, aber zugleich auch ein Spieler mit dem 
Geschick von Staaten, ein Spieler mit Frankreichs Finanzen, ein Sich- 
anschmeichler bei dessen unfähigem Regenten. Er hat das Tollste inauguriert 
und bethätigt, was die moderne Finanzkünstelei kennt, nämlich das schwindel- 
hafte Spiel mit hohlem Zettelgeld. Abwechselnd bald reich bald arm, hat er 
dasselbe Schicksal, wie er es in seinem spielerischen Privatleben sich zuzog, 
über Staaten verhängt, deren er habhaft werden konnte, und noch weiterhin 
über alle, die es sich einfallen liessen, ihn in irgend einer Beziehung nach- 
zuahmen. Er ist sozusagen innerhalb der letzten anderthalb Jahrhunderte
	        
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