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Theilnahme an den volksvertretenden Versammlungen, sondern noch
weit Mehr zuvor erledigt haben. Der politische Theil der Frauen-
frage führt sehr weit; er lässt sich sogar nur in Zusammenhang
mit den socialitären Grundfragen der ganzen Gesellschaftsverfassung
entscheiden. Eine Behandlung, die da glaubt, mit ihm in isolirter
Weise vorgehen zu können, ist theoretisch und praktisch auf einem
Abwege. Bei dem heutigen Stande der Sache wird die politische
Frauenfrage zu einem Theil der allgemeinen socialen Frage, und
es ist auf den wenigen Bogen, die hier zur Verfügung stehen, wohl
ein in sich abgerundetes Ganze, aber eben nicht eine Ausführung
des politischen Thema in Absicht. Trotz der Ueberzeugung von
der vollen Berechtigung eines rein politischen Programms, kann
man dennoch ein engeres und für den Augenblick, wenigstens auf
Deutschem Boden unmittelbarer zugängliches Gebiet abgrenzen, auf
welchem sich die gesellschaftlich nicht rückläufigen Ansichten weit
eher gedanklich und thatsächlich zusammenfinden mögen, als wenn
man in Verhältnisse ausgreift, deren Verwirklichung erst einer spä-
teren Zukunft angehören kann. Wo man die letzten, am Horizonte
der Zukunft absehbaren Aussichten zu entwerfen sucht, wie dies
auch vom Verfasser der vorliegenden Schrift in systematischen
Grundwerken volkswirthschaftlich politischer und allgemein philo-
sophischer Art geschehen ist, da hat man auch in allen Hauptrich-
tungen mit den Gestaltungen des Geschlechterrechts abzurechnen
und nicht blos die durch Freiheit veredelte Ehe, sondern auch die
politischen und socialen Gleichheitsansprüche des Weibes in den
Grundformen festzustellen. Wo jedoch, wie in der Abgrenzung der
jetzt zu behandelnden praktischen Angelegenheit, die heutige Ge-
sellschaftsverfassung in ihren Hauptzügen nicht blos der Anknüpfungs-
punkt ist, sondern auch einen Rahmen bildet, innerhalb dessen schon
erhebliche Reformen möglich sind, da wäre es Thorheit, die Auseinan-
dersetzung mit den alten Vorurtheilen noch durch die ganz unnöthige
Hineinziehung weiterer Ausblicke zu stören. Namentlich würde es
aber schädlich sein, die Eröffnung höherer Berufszweige für das
weibliche Geschlecht so erscheinen zu lassen, als wenn sie mit den
eigentlich politischen Interessen verwachsen müsste. Grade die Ab-
trennung eines, ohne durchgreifend politische Umänderungen durch-
führbaren Gebiets der socialökonomischen Verbesserung der Lage
des weiblichen Geschlechts liefert einen so zu sagen taktischen Vor-
theil, indem auf die Phalanx der Vorurtheile auf einem Punkte los-
vegangen werden kann, wo das alte Regime seine grössten Gebrech-