der männlichen Bildungsinteressen in der ganzen Geschichte gewesen
ist. An die Bedürfnisse der praktischen Verrichtungen haben sich
Forschung und Studium angeknüpft, und die nothwendigen gesell-
schaftlichen Functionen sind die Träger, Erhalter und Vermehrer
einer Bildung gewesen, die nebenbei auch zu einer dem blossen
Geistesspiel dienstbaren Speculation führte. Die selbständige Freude
an aufklärender Bildung, an erhebender Geistesmacht und schliess-
lich in der höchsten Steigerung auch am eigentlichen Denker- und
Forscherthum soll in ihrer Selbständigkeit und in ihrem vom Dienste
des Lebens unabhängigen Werth sicherlich nicht herabgesetzt wer-
den. Das noch so energische Gefühl dieser Würde wird aber bei
besonnenen Naturen den Gedanken nicht ausschliessen, dass die
praktische Sicherung bestimmter Bildungselemente zuerst von der
Anlehnung an solche Berufsverrichtungen ausgeht, in deren Dienst
das Wissen eine für die dringendsten Bedürfnisse der Gesellschaft
heilsame Rolle spielt. Die auf naturwissenschaftlichen Grundlagen
betriebene Heilkunde und Gesundheitspflege ist innerhalb der Uni-
versitätsfächer das, was mit dem modernen Streben und Wissen die
meisten Berührungspunkte hat oder wenigstens haben kann. Wer
Medicin studirt, muss wenigstens einen Theil der mittleren und nie-
deren Naturwissenschaft, also ausser den mehr beschreibenden
Fächern auch schon die ein wenig rationalisirten, wie die Physio-
logie, einigermaassen anf seine Denkweise wirken lassen. Dieses be-
scheidene Maass, wie es in der Bildung des Deutschen Mediciners,
einschliesslich derjenigen des medicinischen Professors, durchschnitt-
lich vertreten ist, kann nun einerseits nicht als eine allzu grosse
Zumuthung an den weiblichen Wissenserwerb gelten, und muss
doch auch andererseits zu einer verhältnissmässig ganz ansehnlichen
Geistesbefreiung führen, zumal wenn man die Prüderie bedenkt, die
noch immer das der Frauenwelt auferlegte Gesetz ist.
Lassen wir jedoch diese Betrachtungen noch zur Seite, und
sehen wir uns zuerst nach dem Felde um, in welchem die medi-
cinische Praxis den Frauen unzweifelhaft natürlich und sogar ein
Bedürfniss der ganzen weiblichen Gesellschaft ist. Bis jetzt haben,
vereinzelt und ganz in der alten Manier, besonders unternehmende
Frauen, wo es anging, hier und da ärztliche Prüfungen bestanden
und sind so mit den Männern in gleicher Concurrenzreihe und ge-
nau mit denselben Ansprüchen auf eine allgemeine, unterschiedslose
und ungetheilte Ausübung aufgetreten. Es wäre aber mindestens
ebenso wichtig, dass nicht blos die Rolle weiblicher Arzt zu sein,