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das Leben und auch an Verwendungsgelegenheiten für sonst müssig
gehende oder ungelohnt verderbende Kräfte weit ausgiebiger werden
muss, als es bisher die entsprechenden Anstalten der männlichen
Sphäre gewesen sind. Der Hauptgrundsatz muss aber immer bleiben,
dass in diesem ganzen Entwurf das Lehrerthum, ja jegliche Lei-
tung ausnahmslos weiblichen Händen anheimfällt. Um eine andere
Combination, in welcher auch Männer mitwirkten, könnte es sich
nur in unzulänglichen Uebergangs- und Halbformationen handeln.
Für den Augenblick und für die allererste Ueberleitung, bei der es
gilt, überhaupt nur den Weg in das wissenschaftliche Bereich und
in die zugehörigen Gerechtsame zu bahnen, mag immerhin die bun-
teste Mischung ganzer und halber Mittel, ja aller nur irgend zugäng-
lichen Handhaben platzgreifen, und es würde ein falscher Principien-
pedantismus sein, die gegnerischen Monopole und Bollwerke nach
einem Schema einnehmen zu wollen, welches erst für den vollen
Besitz und Angesichts einer ausgebildeten Schaar von weiblichen
Wissenschafts- und Berufsinhabern Geltung haben kann.
5. Weibliches Studium und heutige
Universitätszustände.
Die Zulassung von Frauen zu Universitätsstudien und zum
Doctorgrad, die namentlich im Bereich der Medicin hier und da
vereinzelt platzgegriffen hat, erinnert daran, mit welchen Erwar-
tungen meistens das den Universitätsverhältnissen gegenüber ganz
draussen stehende und daher in dieser Richtung unkundige weibliche
Publicum die fraglichen Gelehrsamkeitsanstalten betrachtet. Ist doch
durchschnittlich nicht einmal die männliche Jugend im Stande, ver-
möge der blos passiven Theilnahme an den Studiengewohnheiten
die Missverhältnisse, denen sie anheimfällt und die dem regsameren
und aufgeklärteren Theil auch wohl fühlbar werden, hinreichend
und namentlich in Rücksicht auf die erzeugenden Ursachen zu durch-
schauen ! Die wenigen Frauen, welche auf einigen so zu sagen ge-
schäftlich coulanteren Universitäten, von denen die Promotionsge-
bühren weiblichen Geschlechts eben auch für Geld gehalten werden,
dazu gelangt sind, Studien zu machen und zu doctoriren, — diese
wenigen Frauen dürften zwar als Fremde in dem ungekannten
Lande, durch welches sie ihre Tour machten, im günstigsten Falle
einige gute Beobachtungen angestellt haben, aber doch schwerlich
dazu gelangt sein, von den sorgsam verschleierten Verhältnissen