Full text: Der Weg zur höheren Berufsbildung der Frauen und die Lehrweise der Universitäten

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Mehr wahrzunehmen, als die traditionell, wenn auch nicht in die 
Universitätsgeheimnisse, so doch in das Studentenleben und in das 
äussere Gehaben der Professorenmanier eingeweihte männliche 
Jugend. Vielleicht noch ein wenig mehr, als der männliche 
Universitätsneuling, von der in der Vorstellung hochgehaltenen 
und überdies für das Weib ausserordentlichen Situation ge- 
schmeichelt, wird die Studirende und später Promovirende nur 
daran denken, dass ihr die besondere Gunst zu Theil geworden, 
in einen sonst verschlossenen Kreis einzudringen und das titu- 
lare Zeugniss für absolvirte gelehrte Studien zu erlangen. Sie wird 
überdies keine Gelegenheit zur eigentlichen Kritik haben. Ohne 
eingehende Kenntniss der Literatur und der wahren Grössen der 
von ihr erstrebten Wissenschaft wird sie sicherlich nicht minder, 
sondern gewöhnlich noch mehr als der männliche Student jenem 
Autoritätsaberglauben anheimfallen, der die jedesmal privilegirtesten 
und durch allerlei äussere Umstände einflussreichsten Professoren mit 
Grössen verwechselt, deren Ansehen wirklich daher rührt, dass sie 
in der Wissenschaft, aber nicht, wie jene conventionellen Katheder- 
götzen des Augenblicks blos in der Ausbeutung der Zunftmonopole 
und in der universitären Reclame gross sind. 
Es hat mir immer einen sonderbaren Eindruck gemacht, wenn 
ich die eigenthümliche Art von Selbstgefühl wahrnahm, mit welcher 
eine Doctorirte ihre ungewöhnliche Würde betrachtete. Ich will 
durchaus nicht an der Befriedigung mäkeln, die von der blossen 
Thatsache herrührt, dass ein Weib die bisherigen Schranken durch- 
brochen und so zu sagen den alten Zunftstempel des gelehrten 
Bürgerthums aufgedrückt erhalten hat. Dies ist der alten Aus- 
schliesslichkeit gegenüber immer schon eine Art von äusserlichem 
Protest gegen die Ungleichheit und Unterdrückung des Geschlechts. 
Indessen kann ich mich trotz alledem einiger Anwandlung von 
Komik niemals erwehren, wenn ich sehe, wie strebsame Candida- 
tinnen der Wissenschaft die alte, gelehrt und praktisch immer hohler 
gewordene Doctordecoration sich grade in einer Zeit umhängen 
lassen, in welcher sich die Ueberzeugung von der Verkommenheit 
und dem todesmatten Siechthum dieser abgelebten und unrettbar 
verlorenen Einrichtung schon im weiteren Publicum ziemlich ver- 
breitet hat. Ueberdies ist bezüglich der praktischen Hauptsache der 
Doctorgrad in unsern Landen ohne jede Bedeutung. In der Medi- 
in berechtigt er nicht zur Praxis und ist zu ihr glücklicherweise 
auch nicht einmal mehr ein nebensächliches Erforderniss. Die Staats- 
Dühring, Berufsbildung der Frauen.
	        
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