Full text: Der Weg zur höheren Berufsbildung der Frauen und die Lehrweise der Universitäten

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der gemeinen Handwerke; denn sie sind nicht blos der Form son- 
dern auch dem Inhalt nach mittelalterlich und haben überdies den 
Nachtheil, dass die Wissenschaft von der Unfreiheit weit ärger be- 
troffen wird, als irgend ein gewöhnliches Handwerkserzeugniss. 
Der Zunftstiefel oder Zunftrock mag immerhin an Geschmack und 
Billigkeit viel zu wünschen übrig lassen; aber er ist doch wenigstens 
ein brauchbares Ding, und nur selten wird die zünftlerische Un- 
freiheit daran Schuld sein, wenn er drückt oder gar nicht sitzt. 
Von einem zünftlerisch gearbeiteten Tisch lässt sich jedenfalls noch 
essen und trinken, auch wenn Meister und Gesellenschaft schon 
arg heruntergekommen wären und für den theuersten Preis das un- 
beholfenste Möbel producirt hätten. Die zünftlerisch zubereitete 
Wissenschaft ist aber oft eine ungeniessbare oder mindestens unver- 
dauliche Speise; sie ist mit einer Menge Bestandtheilen versetzt, die 
dem modernen Magen starke Indigestionen verursachen müssen, wenn 
nicht schon zuvor die Zunge ihre Schuldigkeit gethan und dem 
schmacklosen Zeug, soweit möglich, den Eingang verwehrt hat. 
Ausserdem sind gelehrte Monopole und Ausschliesslichkeiten weit 
schlimmer als materielle; denn die Unfreiheit des Unterrichts muss 
das Erzeugniss weit mehr fälschen, als die Unfreiheit des Hand- 
werks. Die geistige Corruption, die im Dunkel der unfreien Au- 
toritätenwirthschaft um sich greift, ist viel intensiver als die materielle. 
Die Herabziehung der Wissenschaft zu einem blossen Werkzeug 
der zünftlerischen Nahrungs- und Versorgungsinteressen ist denn 
doch noch etwas Anderes, als die Dienstbarmachung eines gemeinen 
Gewerbes für diesen, ihm ja ganz naheliegenden und gewissermaassen 
auch natürlichen Hauptzweck. So sind denn seit dem 12. Jahr- 
hundert die Universitäten als geistige, ja zum Theil auch geistliche 
Zünfte nach einer kurzen Halbblüthe, die in bedeutenden sachlichen 
Anregungen und in ursprünglich bisweilen auch freieren Verfassungen 
ihren Grund hatte, in den modernen Jahrhunderten überall immer 
mehr verfallen und haben den Fortschritt der Wissenschaften we- 
sentlich gehemmt, die untergeordnete Vermittlung des anderweitig 
in freierer Weise Gewonnenen aber meist recht schlecht oder gar 
nicht besorgt. Schon von Adam Smith wurden sie für diejenigen 
Stätten erklärt, in denen die verrottetsten Vorurtheile noch hausen, 
die bereits aus allen Ecken der Welt vertrieben sind. Doch ich 
kann mich hier nicht auf eine geschichtlich weit ausholende Dar- 
legung einlassen. Das Zunftgerüst und seine Wirkungen können 
auch an den heutigen Deutschen Universitäten zur Genüge in Augen-
	        
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