Full text: Der Weg zur höheren Berufsbildung der Frauen und die Lehrweise der Universitäten

können, um später den Uebergang zu polytechnischen Verrichtungen 
der Frauen zu vermitteln und schliesslich auch an den öffentlichen 
Functionen, also an der Rechtswahrnehmung und Verwaltung den- 
jenigen Antheil zu erobern, ohne den die bisherige unmündige Stel- 
lung des Geschlechts doch noch zu einem grossen Theil fortbestehen 
und das gesellschaftliche Eingreifen in das praktische Leben er- 
schweren würde. Doch ich habe grundsätzlich die Erörterung die- 
ses Gegenstandes, als im Rahmen dieser Schrift zu weit führend 
und auch als praktisch für den Augenblick zu weit vorgreifend 
ausschliessen müssen. Die Lehrstoffe aber, mit denen die höheren 
Vorschulen vorzugsweise zu schaffen haben werden, bedürfen noch 
einer besondern Kennzeichnung. 
Das blos Sprachliche sollte in einem modernen Bildungssystem 
höchstens 1/20 des Raumes in Anspruch nehmen, so dass 19/20 für 
die Sachwissenschaften zur Verfügung blieben. Es ist hauptsächlich 
auf den Satzbau der eignen Sprache zu concentriren und in den 
oberen Classen der höheren Vorschulen überhaupt gar nicht mehr 
zu treiben; denn dort und schon vorher ist ein grosser Theil der 
Uebung in Verständniss und Gebrauch der Sprachmittel mit den 
sachlichen Auffassungs- und Darstellungsnothwendigkeiten unwill- 
kürlich gegeben und überdies grundsätzlich zu verbinden. Was die 
antiken Griechen an ihrer eignen Sprache in kümmerlicher Weise 
übten, das können wir, die wir über die Kindheit der Sprachzer- 
gliederung und Sprachgeschichte hinaus sind, am Deutschen weit 
besser verrichten. Man lehre nur, im ernsten Sinne des Worts 
Deutsch hören, Deutsch lesen und Deutsch reden, und die Leute 
beiderlei Geschlechts, die kein Protocoll mit Verständniss unter- 
schreiben können, und deren es unter den Gebildeten, ja unter den 
Gelehrten sehr viele giebt, werden seltener werden. Auch die 
Schulungsrubrik, welche man Deutschen Aufsatz nennt, dürfte als- 
dann überflügelt werden; denn bisher habe ich von der Fähigkeit, 
die ein als reif entlassener Gymnasiast im Auffassen eines reicher 
vegliederten, wissenschaftlich gehaltvolleren Stils bekunden wird, 
keine zu hohe Meinung erlangt, und wie Universitätsprofessoren von 
grossem Renommee, und darunter Philologen, oft genug ein wahres 
Judendeutsch schreiben, das kann der Kenner, der hierauf seine 
Aufmerksamkeit richten will, grade jetzt in wissenschaftlichen 
Journalen und Büchern genugsam beobachten. Fremde moderne 
Sprachen sind als materielle und geistige Verkehrsmittel internatio- 
naler Art von grosser praktischer Wichtigkeit, aber darum eben
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.