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die der Ehe und Familie von dem höhern praktischen Berufsleben
der Frauen drohen sollen, ist kaum ein Wort zu verlieren. Selbst
wenn es sich schon um jene Zukunftssocialität handelte, in der die
Ehe aus einer einseitigen Herrschaftsform in eine gleichheitliche
Gegenseitigkeit verwandelt und die edlere Form der natürlichen
Familie vollständig entwickelt wäre, so müssten die heute üblichen
Einwendungen als thöricht gelten. Vollends verkehrt sind aber diese
Berufungen einem Bildungsentwurf gegenüber, der dazu führt, dass
die Frauenwelt als Ganzes eine grössere Summe von gesunden Kennt-
nissen und Fertigkeiten in sich entwickelt und zur Anwendung
bringt. Ein Weib, welches den ärztlichen Beruf ausübt, kann mehr
für das Wohlergehen der Familie thun, als eine müssige Toiletten-
puppe es jemals können oder auch nur wollen wird. Uebrigens
werden aber auch nicht alle Frauen zu ausübenden Aerzten oder
fungirenden Lehrerinnen werden; es ist genug, dass viele es können;
denn dies sichert ihre Unabhängigkeit schlimmsten Falls von, und
besten Falls in der Ehe. Auch ist noch keineswegs für immer ge-
sagt, dass die Arbeitstheilung zwischen Haus und Beruf nicht har-
monisch eingerichtet werden könne. Die Thätigkeit der Frau nach
Aussen braucht nicht so umfangreich zu sein, wie dies jetzt bei dem
Manne üblich ist, weil derselbe bei der Gestaltung des Hauswesens
anbetheiligt bleibt. Alle Gründe, die man gegen zugleich philiströse
und frivole d. h. gebrechliche Einwände dieser Art aus dem Bereich
der tiefern Volksschichten in das Feld führen könnte, sind hier zur
Seite gelassen worden; denn es war hier überhaupt nicht die Ab-
sicht, von denjenigen Bedürfnissen zu handeln, die sich grade im
tiefsten Grunde der Gesellschaft so mächtig regen. Die höhere Be
rufsbildung der Frauen, an die zunächst nur in den Mittelschichten
gedacht wird, erhält aber eine neue Bedeutung, sobald das Unter-
richtssystem seine ökonomischen Schranken öffnet und jedem streb-
samen Element, gleichviel von welcher Tiefe es aufsteige, den Weg
zu allen Berufsverrichtungen betretbar macht. Die höheren Func-
tionen werden auch ein System von Zwischenthätigkeiten im Gefolge
haben, wie man es sich beispielsweise von der blossen Krankenwärterin
bis zum weiblichen Arzt beliebig eingeschaltet denken mag, und das
Ganze der neuen Berufszurüstung wird so auch nach Unten heilsame
Rückwirkungen, die heilsamsten aber freilich nur dann üben, wenn
durch unentgeltliche Unterrichtsgelegenheiten das Emporsteigen von
jedem Niveau her für jede persönliche Energie gesichert ist. Ein
Weiteres über diesen gesellschaftlichen Punkt würde in das Gebiet